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Ungarn: Aufrufe zu spiritueller Erneuerung bei Stephansfest

24. August 2023

Aufrufe zur Erneuerung der spirituellen Identität der Völker in Mitteleuropa standen in Ungarn im Zentrum der kirchlichen Feiern zum Fest des Nationalheiligen Szent István Király (Hl. König Stephan). Tausende Gläubige feierten dabei am 20. August in Budapest mit Primas-Kardinal Péter Erdő und dem slowakischen Bischofskonferenz-Vorsitzenden Bernard Bober als Festprediger den traditionellen Gottesdienst zum Gedenken an den Patron Ungarns. An der Feier auf dem Platz vor der Stephansbasilika nahm neben Präsidentin Katalin Novák und Vizepremier Zsolt Semjén auch das Oberhaupt der Koptischen Orthodoxen Kirche, Papst-Patriarch Tawadros II., teil. Danach wurde die als Reliquie verehrte „heilige Rechte“, die einbalsamierte rechte Hand des Nationalheiligen, in einer Prozession durch die Straßen getragen.

Die Ungarn seien in der Historie trotz vieler Tragödien standhaft geblieben und hätten aus „den heldenhaften Momenten des Ausharrens und der Heiligkeit des Lebens Kraft geschöpft“, sagte der Budapester Erzbischof Kardinal Erdő am Beginn der Messe. Über den slowakischen Erzbischof Bober sagte Erdő in seinen einleitenden Worten, dieser habe „einen Traum, in dem die Völker Europas einander immer besser verstehen und sich mit versöhnter Seele gegenseitig lieben. Sie lernen zunehmend, die Kultur ihres Volkes und unser gemeinsames Erbe zu schätzen, dessen Mittelpunkt der christliche Glaube und die Weltanschauung ist.“

Bober plädierte in seiner Predigt für einen „Dialog mit den Herzen“, und betonte, dies sei eine radikale Herausforderung in der heutigen von Polarisierung und Widersprüchen belasteten Zeit, wogegen nicht einmal die kirchlichen Gemeinschaften immun seien. „Die Liebe Christi baut Vorurteile ab, bricht den Hass und ruft zur Versöhnung und zum gegenseitigen Wohlwollen auf“, hielt der römisch-katholische Erzbischof von Košice fest. Dies müsse der Weg der Nationen sein. Der heilige König Stephan habe verstanden, dass der aufrichtig gelebte christliche Glaube trotz aller sprachlichen und kulturellen Unterschiede in der Lage sei, die Menschen zu vereinen und zusammenzubringen. „Lasst uns die geistige Identität der Völker Mitteleuropas, die Einheit in Christus erneuern“, rief Bober auf. Die Menschen dürfen sich zudem nicht von einem Relativismus täuschen lassen, der den Wert der Familie und die Ehe zwischen Mann und Frau infrage stelle.

Der Heilige Stephan gilt als Symbol der nationalen Einheit Ungarns und der Integration der zuvor nomadischen Ungarn ins christliche Europa. Er gründete auch die ersten zehn Diözesen des Königreiches. Heiliggesprochen wurde er 1083 in der Regierungszeit des heiligen Ladislaus I. Die einbalsamierte rechte Hand Stephans ist die bedeutendste Reliquie der ungarischen Kirche.

Zentrum der staatlichen Feiern zum Stephanstag war der Kossuth-Platz vor dem Parlamentsgebäude, wo unter anderem Staatspräsidentin Novák eine Rede hielt. Neben zahlreichen weiteren Veranstaltungen gab es am Abend ein eindrucksvolles Feuerwerk über der Donau zwischen Elisabeth- und Margareten-Brücke. Zum Abschluss war dabei ein aus Lichtpunkten gebildetes, riesiges Kreuz am Himmel zu sehen.

Der koptisch-orthodoxe Patriarch Tawadros hielt sich seit dem 19. August auf Einladung der ungarischen Regierung zu einem viertägigen Besuch in Ungarn auf. Der 70-Jährige ist seit 2012 Oberhaupt der Koptischen Orthodoxen Kirche, die bis zu elf Millionen Gläubige zählt. Die überwiegende Mehrheit lebt in ihrer angestammten Heimat Ägypten, bis zu 1,5 Millionen verteilen sich aber auch über die ganze Welt.

Tawadros gilt als ökumenisch aufgeschlossen, worauf auch Kardinal Peter Erdő in seiner Begrüßung des koptischen Patriarchen bei der Festmesse am Stephanstag hinwies. Tawadros' Teilnahme an der Feier sei ein Zeugnis für die Verbundenheit und Brüderlichkeit der östlichen und westlichen Christen und zugleich eine Gelegenheit zum Gebet für die Einheit der Christen, sagte der katholische Erzbischof von Budapest.

Für Tawadros stehen während seines Budapest-Aufenthalts zahlreiche Begegnungen mit kirchlichen und staatlichen Spitzenvertretern in Ungarn auf dem Programm. Bereits am Wochenende wurde er von Kardinal Erdő im Beisein einer koptischen Delegation, der auch der koptisch-orthodoxe Bischof von Österreich, Anba Gabriel, angehörte, zu einem Treffen empfangen. Die koptische Kirche veröffentlichte zudem Bilder von einer Begegnung Tawadros' mit dem russisch-orthodoxen Metropoliten von Ungarn, Ilarion (Alfejev). (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)