Ungarn: Kirche: Roma als "Gemeinschaft, die Zukunft gestaltet"
Im Zeichen von Wertschätzung gegenüber Angehörigen der Roma und Verbesserung ihrer Lebenschancen durch Bildung stand ein Treffen von Verantwortlichen für Romaseelsorge, zu dem das dafür zuständige Ceferino-Institut der Ungarischen Bischofskonferenz am 17. Oktober eingeladen hatte. An der Begegnung unter dem Motto „Gemeinschaften, die Zukunft gestalten“ nahmen neben Bischof János Székely (Szombathely/Steinamanger), seit September Vorsitzender der Ungarischen Bischofskonferenz und langjähriger Verantwortlicher für die Romaseelsorge, auch Diözesanbeauftragte sowie kirchliche und zivile Organisationen in der Stadt am Donauknie nördlich von Budapest teil.
Diakon Béla Molnár-Gál, neuer Referent für Romaseelsorge der Bischofskonferenz, warnte die katholische Kirche vor dem Fehler, Roma gegenüber bloß als soziale oder karitative Organisation aufzutreten. „Nur persönliche Begleitung kann Zukunft gestalten“, betonte Molnár-Gál. Es gelte, über das karitative Modell hinauszugehen und die Kirche als „mystischen Leib Christi“ zu verstehen – als Gemeinschaft, in der Menschen einander als Brüder und Schwestern begegnen.
Das 2014 gegründete Boldog-Ceferino-Institut bildet Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Romaseelsorge aus und begleitet sie. Ziel ist es, „Roma-Apostel“ und pastorale Kräfte heranzubilden, die in ihren Gemeinden Verantwortung übernehmen und Brücken zwischen Pfarreien und Roma-Gemeinschaften schlagen. Bischof Székely betonte gegenüber Kathpress die Bedeutung gegenseitiger Wertschätzung und Annahme.
Landesweit betreibt die Kirche 95 „Lernhäuser“, in denen Kinder schulische Unterstützung, Freizeit- und Musikangebote sowie Gemeinschaftserlebnisse erhalten; auch Referent Molnár-Gál leitet eine von den Salesianern geführte Berufsschule in Kazincbarcika im Norden Ungarns, die vor allem Roma-Schülerinnen und -Schüler unterrichtet. Erwachsene können in den kirchlichen Einrichtungen an Bibelkreisen, Rechtsberatung und Bildungsprogrammen teilnehmen; vielerorts gibt es auch Dusch- und Waschgelegenheiten sowie Suppenküchen. Regelmäßig organisiert die Kirche landesweite Begegnungen, Wallfahrten sowie Exerzitien und Fachtagungen.
Europaweit einzigartig ist das ungarische Netzwerk der Roma-Hochschulkollegs. Der Anteil von Roma-Studierenden an ungarischen Hochschulen liege inzwischen bei zwei bis drei Prozent – „ein Zeichen für die Entstehung einer neuen, akademisch gebildeten Roma-Elite“, wie es hieß.
Die Ungarische Bischofskonferenz sieht die Romaseelsorge im breiten historischen und gesellschaftlichen Kontext. In den vergangenen 100 Jahren hätten sich die Lebensbedingungen der Roma deutlich verbessert: Fast alle Kinder schließen heute die Grundschule ab, die Wohnverhältnisse seien stabiler geworden, und viele hätten feste Arbeitsplätze. „Wenn sich dieser Prozess fortsetzt, kann die Integration ein solches Niveau erreichen, dass es in 50 oder 100 Jahren kein Thema mehr sein wird, welche Wurzeln jemand hat“, erklärte Bischof Székely.
Zugleich bleibe die Situation in den Grenzregionen des Landes schwierig. In vielen Dörfern lebe ein Großteil der Bevölkerung in Armut, mit geringen Beschäftigungschancen und schwachen Bildungseinrichtungen. „Die Spannungen und das Leid sind hier groß“, wies der Vorsitzende der Bischofskonferenz auf Verbesserungsbedarf hin. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)