Ungarn: Kardinal Erdő betont Bedeutung der Religion für modernen Staat
22. Februar 2018
Der ungarische Primas Kardinal Péter Erdő hat die Bedeutung der Verbindung von Recht und einer aus Weltanschauung und Religion gespeisten Moral für die Bewältigung der gesellschaftlichen Probleme in modernen Staaten hervorgehoben. Bei einer Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Gefängnisseelsorger Österreichs in Wien zum Thema "Religion in einer säkularen Gesellschaft" verwies der Erzbischof von Esztergom-Budapest am 15. Februar 2018 in Wien auf die Gefahren eines moralischen Relativismus und betonte die Notwendigkeit der Rolle der Kirche in einem säkularen Staat.
Beispiel dafür seien die Länder der ehemals kommunistischen Welt, besonders der Sowjetunion. Nach dem Zusammenbruch des Systems, das Religion und Moral durch eine marxistisch-leninistische Ideologie ablösen wollte, sei ein "kulturelles und ethisches Vakuum" entstanden, das das Funktionieren von Staat und Recht bedrohte, schilderte der Kardinal. Es sei daher verständlich, so Erdő, wenn politische Führer in einigen dieser Länder heute "die relativistischen Ideologien als weniger attraktiv sehen und stattdessen eher versuchen, die kulturellen und religiösen Grundlagen der Gesellschaft neu zu errichten".
Ohne Grundlage im Naturrecht und ohne (religiöse) Weltanschauung, sei es "schwierig für die Organe eines Staates zu entscheiden, was für den Menschen gut ist", sagte Erdő. "Wenn man die Idee eines Naturrechts aufgibt, und wenn der Glaube an die Rationalität der Welt geschwächt wird, stellt sich die Frage, worauf das Recht und die Gesetze gegründet sind." Folge sei das in einigen Ländern zu beobachtende "bedauerliche" jedoch "verständliche" Phänomen der "Erschütterung des Vertrauens" in Recht und Staat. Dies, so der Kardinal, treffe vor allem dann zu, "wenn man abweichend von der christlichen, eher optimistischen Sichtweise nicht daran glaubt, dass die Menschen fähig sind, die objektiven Richtlinien des richtigen Verhaltens aus der Welt allein zu erkennen". Auch die Mehrheit könne "falsche oder schädliche Entscheidungen treffen, besonders wenn auch der Begriff des Gemeinwohls unsicher ist".
Erdő erinnerte, dass Gesellschaften jahrhundertelang mit dem Verständnis regiert wurden, dass das Moralgesetz auf transzendenten Realitäten basierte. "Eine gewisse organische Verbindung von Recht, Moral und Religion ist den westlichen Gesellschaften bis zur Zeit der Aufklärung charakteristisch geblieben", sagte der Kardinal. Auch in den danach entstandenen aufklärerischen Vorstellungen mit der Berufung auf ein aus menschlichem Verstand erkennbares Naturrecht, habe es eine "weltanschauliche Legitimation" der Gesetze geben, die in dieser Hinsicht der jüdisch-christlichen Auffassung von Moral noch ziemlich nahe gewesen sei.
Zum Funktionieren des Rechts braucht es weltanschauliche und ethische Grundlagen, die in der Gesellschaft in relativ breiten Kreisen angenommen sind, betonte Erdő. Die historische Erfahrung lehre, dass der Staat mit bloßen Machtmitteln solche Grundlagen nicht selber schaffen könne, meinte er mit Blick auf die ehemals kommunistische Welt. Heute erwähnten die neuen Verfassungen viele früher kommunistischer Länder, darunter auch Ungarn, ausdrücklich die Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften als werteschaffende und wertetragende Faktoren in der Gesellschaft.
Erdő wies darauf hin, dass in der westlichen Welt heute die anthropologischen Grundlagen der Demokratie schwächelten. "Die Demokratie westlicher Art setzt nämlich voraus, dass die Politiker und Parteien ihre Programme vernünftig verfassen und dafür argumentieren, woraufhin die mündigen, verantwortlichen Bürger auf Basis rationaler Argumente ihre Wahl treffen", sagte er. "All dies klingt heute wie eine Utopie. Das Bild der Wirklichkeit ist nämlich zu kompliziert geworden."
Hintergrund dieser Entwicklung ist für Erdő der wissenschaftliche Fortschritt. Bei den rasenden Entwicklungen in Informatik, Psychologie, Biologie, Genetik könne weder die rechtliche noch die moralische Dimension Schritt halten. Dies gelte, so Erdő, auch "für die komplizierten Prozesse der Wirtschaft, wo in der öffentlich Meinung ebenfalls der Endruck vorherrscht, dass das Recht und die Moral den realen Situationen hinterherhinken". Auch in dieser Lage dürfe man jedoch "der Verkündigung der grundlegenden sittlichen Prinzipien nicht müde werden", mahnte Erdö. Neue Möglichkeiten und Situationen müssten weiterhin moralisch reflektiert werden, "auch wenn dies manchmal mit Verspätung geschieht".
Die Gesamtlage verlangt den Menschen aus Sicht des Kardinals in demokratischer und politischer Hinsicht einiges ab. Schwierigkeiten gebe es deshalb vor allem beim notwendigen Vertrauensvorschuss, den Bürger den von ihnen gewählten Parteien geben müssten. "Man braucht ein hohes Maß an Vertrauen, um an die Voraussetzungen eines Programms zu glauben, damit dann das gewählte Gremium im Besitz des Vertrauens der Gesellschaft handeln kann."
Helfen kann aus Sicht des Kardinals hier der Glaube, insbesondere an die jüdisch-christliche Idee der Vorsehung. "Das jüdisch-christliche Erbe enthält die Überzeugung, dass es einen wohlwollenden Schöpfer gibt, der mit dem Menschen kommunizieren will." Abgesehen von einer grundlegenden moralischen Sichtweise gebe dies etwas noch wichtigeres, so Erdő, nämlich Vertrauen für den einzelnen Menschen und für die Gemeinschaft: "Die Schwachheit unserer Erkenntnis ist also kein Grund dafür, dass wir die Suche nach der Wahrheit und das Bestreben nach dem richtigen, der Wirklichkeit entsprechendem Handeln, aufgeben." (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)
Beispiel dafür seien die Länder der ehemals kommunistischen Welt, besonders der Sowjetunion. Nach dem Zusammenbruch des Systems, das Religion und Moral durch eine marxistisch-leninistische Ideologie ablösen wollte, sei ein "kulturelles und ethisches Vakuum" entstanden, das das Funktionieren von Staat und Recht bedrohte, schilderte der Kardinal. Es sei daher verständlich, so Erdő, wenn politische Führer in einigen dieser Länder heute "die relativistischen Ideologien als weniger attraktiv sehen und stattdessen eher versuchen, die kulturellen und religiösen Grundlagen der Gesellschaft neu zu errichten".
Ohne Grundlage im Naturrecht und ohne (religiöse) Weltanschauung, sei es "schwierig für die Organe eines Staates zu entscheiden, was für den Menschen gut ist", sagte Erdő. "Wenn man die Idee eines Naturrechts aufgibt, und wenn der Glaube an die Rationalität der Welt geschwächt wird, stellt sich die Frage, worauf das Recht und die Gesetze gegründet sind." Folge sei das in einigen Ländern zu beobachtende "bedauerliche" jedoch "verständliche" Phänomen der "Erschütterung des Vertrauens" in Recht und Staat. Dies, so der Kardinal, treffe vor allem dann zu, "wenn man abweichend von der christlichen, eher optimistischen Sichtweise nicht daran glaubt, dass die Menschen fähig sind, die objektiven Richtlinien des richtigen Verhaltens aus der Welt allein zu erkennen". Auch die Mehrheit könne "falsche oder schädliche Entscheidungen treffen, besonders wenn auch der Begriff des Gemeinwohls unsicher ist".
Erdő erinnerte, dass Gesellschaften jahrhundertelang mit dem Verständnis regiert wurden, dass das Moralgesetz auf transzendenten Realitäten basierte. "Eine gewisse organische Verbindung von Recht, Moral und Religion ist den westlichen Gesellschaften bis zur Zeit der Aufklärung charakteristisch geblieben", sagte der Kardinal. Auch in den danach entstandenen aufklärerischen Vorstellungen mit der Berufung auf ein aus menschlichem Verstand erkennbares Naturrecht, habe es eine "weltanschauliche Legitimation" der Gesetze geben, die in dieser Hinsicht der jüdisch-christlichen Auffassung von Moral noch ziemlich nahe gewesen sei.
Zum Funktionieren des Rechts braucht es weltanschauliche und ethische Grundlagen, die in der Gesellschaft in relativ breiten Kreisen angenommen sind, betonte Erdő. Die historische Erfahrung lehre, dass der Staat mit bloßen Machtmitteln solche Grundlagen nicht selber schaffen könne, meinte er mit Blick auf die ehemals kommunistische Welt. Heute erwähnten die neuen Verfassungen viele früher kommunistischer Länder, darunter auch Ungarn, ausdrücklich die Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften als werteschaffende und wertetragende Faktoren in der Gesellschaft.
Erdő wies darauf hin, dass in der westlichen Welt heute die anthropologischen Grundlagen der Demokratie schwächelten. "Die Demokratie westlicher Art setzt nämlich voraus, dass die Politiker und Parteien ihre Programme vernünftig verfassen und dafür argumentieren, woraufhin die mündigen, verantwortlichen Bürger auf Basis rationaler Argumente ihre Wahl treffen", sagte er. "All dies klingt heute wie eine Utopie. Das Bild der Wirklichkeit ist nämlich zu kompliziert geworden."
Hintergrund dieser Entwicklung ist für Erdő der wissenschaftliche Fortschritt. Bei den rasenden Entwicklungen in Informatik, Psychologie, Biologie, Genetik könne weder die rechtliche noch die moralische Dimension Schritt halten. Dies gelte, so Erdő, auch "für die komplizierten Prozesse der Wirtschaft, wo in der öffentlich Meinung ebenfalls der Endruck vorherrscht, dass das Recht und die Moral den realen Situationen hinterherhinken". Auch in dieser Lage dürfe man jedoch "der Verkündigung der grundlegenden sittlichen Prinzipien nicht müde werden", mahnte Erdö. Neue Möglichkeiten und Situationen müssten weiterhin moralisch reflektiert werden, "auch wenn dies manchmal mit Verspätung geschieht".
Die Gesamtlage verlangt den Menschen aus Sicht des Kardinals in demokratischer und politischer Hinsicht einiges ab. Schwierigkeiten gebe es deshalb vor allem beim notwendigen Vertrauensvorschuss, den Bürger den von ihnen gewählten Parteien geben müssten. "Man braucht ein hohes Maß an Vertrauen, um an die Voraussetzungen eines Programms zu glauben, damit dann das gewählte Gremium im Besitz des Vertrauens der Gesellschaft handeln kann."
Helfen kann aus Sicht des Kardinals hier der Glaube, insbesondere an die jüdisch-christliche Idee der Vorsehung. "Das jüdisch-christliche Erbe enthält die Überzeugung, dass es einen wohlwollenden Schöpfer gibt, der mit dem Menschen kommunizieren will." Abgesehen von einer grundlegenden moralischen Sichtweise gebe dies etwas noch wichtigeres, so Erdő, nämlich Vertrauen für den einzelnen Menschen und für die Gemeinschaft: "Die Schwachheit unserer Erkenntnis ist also kein Grund dafür, dass wir die Suche nach der Wahrheit und das Bestreben nach dem richtigen, der Wirklichkeit entsprechendem Handeln, aufgeben." (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)