Bosnien-Herzegowina: Serbischer Patriarch ruft zu friedlichem Zusammenleben auf
Der serbische Patriarch Porfirije hat in der bosnischen Stadt Doboj eine Friedensbotschaft an die orthodoxen Gläubigen, aber auch die beiden anderen großen Glaubensgemeinschaften des Landes – die Islamische Gemeinschaft und die römisch-katholische Kirche – gerichtet. Er appellierte an das Oberhaupt der bosnischen Muslime, Reis-ul-ulema Husein Kavazović, und an Erzbischof Vinko Kardinal Puljić von Sarajevo, sich für Frieden und Verständigung einzusetzen. Er bat seine „Kollegen, sog. Glaubensführer“, „gemeinsam alles uns Mögliche zu tun, vor allem mit unserem Glauben, unserem Gebet, aber auch allem, was aus der Perspektive des Glaubens, des Gebets und der Liebe unabdingbar ist, damit unsere Leben ohne Erschütterungen sind, damit unsere Leben mit Frieden in der Seele sind, mit Frieden in der Familie, in zwischenmenschlichem Verständnis mit allen, in dieser Stadt, in der Republika Srpska, in Bosnien-Herzegowina“.
In seiner Predigt betonte der Patriarch eindringlich die Notwendigkeit eines friedlichen Zusammenlebens, gerade auch in Bezug auf den Ort der Feier. Doboj liegt in der Republika Srpska, der serbisch geprägten der beiden Entitäten, aus denen sich Bosnien-Herzegowina zusammensetzt. In der Region habe es viele Missverständnisse gegeben, viel Blut sei vergossen worden, erklärte Patriarch Porfirije. Das Leid aller Menschen sei vor Gott gleichwertig und normale Menschen brauchten ein normales Leben und Verständnis. Jeder solle „sein, was er ist“ und auf seine Weise zu Gott beten, aber jeder solle „den anderen respektieren“. Dabei verwies er auf die „jahrhundertelange Erfahrung“ des gemeinsamen Lebens, „wir kennen einander gut“.
Selbsternannte Friedenstifter aus fernen Ländern brauche Bosnien-Herzegowina nicht. Unter diesen gebe es zwar ehrliche Menschen, aber viele von ihnen würden die lokalen Lebenswelten, Beziehungen und Identitäten nicht verstehen. Zudem kämen vielen die Missverständnisse in der Region gelegen. Er zeigte sich überzeugt, dass die seit Jahrhunderten zusammenlebenden Völker nicht zulassen sollten, dass ihnen jemand anderes erkläre, wer „das andere Volk ist, wer sein Nachbar ist“. Zu Beginn seiner Predigt hob Porfirije die Orthodoxie als bestimmendes Merkmal der serbischen Identität hervor. Die Serben wüssten, dass ihr Vorname „Christ“ und ihr Nachname „Orthodoxer“ sei. „Serbe, Orthodoxer Christ – das ist unsere Identität“, sagte er.
Mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie kritisierte der serbische Patriarch den Umgang mit der Natur. Die Menschen sollten sich nicht wundern, schließlich hätten sie die „Seele der Natur ausgesaugt“ und sähen in der Schöpfung ausschließlich eine Quelle zur Bereicherung. Die Natur jedoch sei dem Menschen gegeben worden, um respektvoll mit ihr umzugehen und für sie Sorge zu tragen. Sie werde es nicht ertragen, dass „wir nur von ihr nehmen und ihr Gewalt antun“. (NÖK)
Mit der Wahl von Porfirije (Perić) zum Patriarchen erhält die Serbische Orthodoxe Kirche ein relativ junges Kirchenoberhaupt. Ökumenisch könnte er als Brückenbauer fungieren. Die größte Herausforderung ist das Verhältnis zur immer autoritäreren Staatsmacht.
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