Serbien: Patriarch kritisiert Verurteilung von Milorad Dodik
Der serbische Patriarch Porfirije hat seine „tiefe Besorgnis“ über die Verurteilung von Milorad Dodik, dem Präsidenten der Republika Srpska, dem serbischen Teilstaat von Bosnien-Herzegowina, geäußert. Das Urteil widerspreche „jeglichem rechtlichem Rahmen“. Das Oberste Gericht von Bosnien-Herzegowina hatte Dodik am 26. Februar in erster Instanz zu einem Jahr Gefängnis und sechs Jahren Amtsverbot verurteilt, weil er Anweisungen des Verfassungsgerichts und Dekrete des Büros des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft missachtet habe. Am 12. März erließ die Staatsanwaltschaft von Bosnien-Herzegowina Haftbefehl gegen Dodik, weil dieser sich trotz Vorladungen geweigert habe, vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen.
Das Urteil, das „ohne jeden Zweifel verfassungswidrig und im Widerspruch zu Dayton“ sei, könnte „alles, was in den letzten 30 Jahren für die Heilung der Kriegswunden getan wurde“, sowie die Versöhnung der Völker in Bosnien-Herzegowina bedrohen, schrieb Pofirije. Daher sei es „außerordentlich gefährlich“. Er appellierte an alle Beteiligten, die steigenden Spannungen im Land unbedingt zu bremsen und verhindern. Denn diese könnten die Stabilität des Balkans und der weiteren Region gefährden und den „brüchigen und mit großer Mühe aufgebauten Prozess der interethnischen Versöhnung in den Abgrund einer neuen, unnötigen und unerwünschten Tragödie stürzen“, heißt es in dem Statement weiter.
Einen Tag später traf sich der Patriarch in Begleitung aller Bischöfe der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) in Bosnien-Herzegowina in Banja Luka mit Milorad Dodik und weiteren hochrangigen serbischen Politikerinnen und Politikern in Bosnien-Herzegowina. Dodik legte dar, wie die Institutionen der Republika Srpska auf die „juristische Gewalt“ gegen die Republik, die diese seit 1995 erleide, reagieren werde. Die Republika Srpska sei entschlossen, die beim Friedensabkommen von Dayton beschlossene Verfassung Bosnien-Herzegowinas mit „politischen und rechtlichen Mitteln“ zu verteidigen, denn diese sei der einzig mögliche Rahmen für ein Leben im Land. Weiter dankte er dem Patriarchen und den Bischöfen für die Unterstützung und würdigte die unschätzbare Rolle der SOK bei der Bewahrung der Identität des serbischen Volks.
Patriarch Porfirije erklärte, die Bischöfe und er seien einig, dass die Verurteilung offensichtlich darauf ziele, den „demokratisch geäußerten Willen des serbischen Volks“ zu entwerten und so die Existenz der Republika Srpska und damit die „Existenz des gesamten serbischen Volks in Bosnien-Herzegowina“ zu delegitimieren. Er rief alle Regierungsträger auf, Verantwortung für die Bewahrung des Friedens zu übernehmen. Die ausländischen Friedenstruppen forderte er auf, sich um eine Verminderung der Spannungen und Polarisierung zu bemühen, und nicht eine „Bedrohung“ für eine der Gemeinschaften zu sein.
Der Hohe Repräsentant soll das Friedensabkommen von Dayton, mit dem 1995 der Bosnien-Krieg beendet wurde, überwachen. Er hat umfassende Vollmachten, so kann er Gesetze erlassen oder aufheben und demokratisch gewählte Amtsträger entlassen. Dodik kritisiert bereits seit vielen Jahren den Posten und seine wechselnden Inhaber als illegal und widersetzt sich deren Anweisungen. Die Macht des Hohen Repräsentanten und fehlende Kontrollmechanismen über ihn sorgen zunehmend auch über die Republika Srpska hinaus für Kritik. 2023 verabschiedete die Republika Srpska Gesetze, um unter anderem die Umsetzung von Entscheiden des bosnischen Verfassungsgerichts zu verhindern. Der Hohe Repräsentant blockierte die Einführung der Gesetze, Dodik aber setzte diese fort; dafür wurde er nun verurteilt.
Am 7. März teilte Gedenkzentrum für den Völkermord in Srebrenica mit, dass es bis auf weiteres schließe. Als Grund nannte es die aktuelle Sicherheitslage, das Zentrum sieht sich nicht imstand, die Sicherheit seines Personals, Partner und Besuchenden zu gewährleisten. In einem Statement auf X verweist es auf einen „Coup gegen die staatlichen Institutionen“, der von „Rebellengruppen“ in Banja Luka ausgehe. Direkt nach Dodiks Verurteilung hatte das Parlament der Republika Srpska Gesetze verabschiedet, durch die die gesamtstaatliche Justiz und Polizei in der Republika Srpska nicht mehr agieren dürften. Dodik rief zudem am 7. März ethnische Serben auf, ihre Arbeit bei der Bundespolizei und in gesamtstaatlichen Gerichten aufzugeben. (NÖK)