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Serbien: Bischöfe uneins über Studierendenproteste

13. März 2025

Die anhaltenden Massenproteste in Serbien beschäftigen auch die Serbische Orthodoxe Kirche (SOK). Während die meisten ihrer Bischöfe schweigen, äußern sich Einzelne unterstützend und andere kritisch. Große Aufregung löste ein Text von Bischof David (Perović) von Kruševac vom 9. Februar aus, da eine Passage als gehässige Kritik an den Studierenden, von denen die Proteste zunächst ausgegangen waren, verstanden wurde. Dagegen gab es vor allem in den sozialen Medien viel Kritik.

Gegen den Text stellten sich auch mehrere Bischöfe der SOK, die gemeinsam einen „Aufruf zur Achtung der Studenten, verantwortungsvollem Ausdrücken und Berichten“ veröffentlichten. Sie fühlten sich verpflichtet, öffentlich ihre Ablehnung und Abgrenzung von „jeglicher Rede, die einen anderen Menschen entmenschlicht“, und insbesondere „junge Menschen, Studenten, als Faktor des Aufbaus der Gesellschaft geringschätzt“, auszudrücken. Bischof David stelle die Studierenden in den Kontext von „Farbrevolutionen“ und stelle sie so dar, dass sie als „serbische Ustascha“ wahrgenommen würden, – das sei „verletzend und inakzeptabel“. Als Bischöfe der SOK, auf deren offizieller Website der Text von Bischof David ebenfalls veröffentlicht wurde, hätten sie nicht das Recht dazu zu schweigen. Sie wollten „klar und unzweideutig“ festhalten, dass die Kirche die Studierenden nicht für „serbische Ustascha“ halte. Ustascha war die faschistische Bewegung Kroatiens, die während des Zweiten Weltkriegs in ihrem pseudounabhängigen Staat nicht nur Juden und Roma, sondern auch Serben verfolgte und in Konzentrationslagern umbrachte. Die Bischöfe beklagten die „Tyrannei überheblicher und verletzender Worte, die ohne Verantwortung ausgesprochen werden“ und baten die anderen Bischöfe, nicht zuzulassen, dass eine solche Sprache normal werde. Unterzeichnet ist der Aufruf von Metropolit Grigorije (Durić) von Deutschland, der sich schon zuvor klar auf die Seite der Studierenden gestellt hatte, Metropolit Joanikije (Mićević) von Montenegro, Metropolit Justin (Stefanović) von Žiča, Metropolit Dimitrije (Rađenović) von Zahumlje-Herzegowina, Erzbischof Maksim (Vasiljević) von Westamerika und Bischof Irinej (Dobrijević) von Ostamerika.

Bischof David wehrte sich mit einem Statement entschieden gegen die Kritik. Mit den „serbischen Ustascha“ habe er nicht die protestierenden Studenten gemeint, das zu behaupten, sei eine „abscheuliche Lüge“. Er habe die Studierenden weder erwähnt noch an sie gedacht, das sei auch aus den vorangehenden Passagen klar. Die „mediale Montage und Manipulation“ gehe eben von denjenigen aus, auf die sich der Ausdruck „serbische Ustascha“ bezogen habe. Wem nach der Lektüre immer noch nicht klar sei, auf wen sich der Text beziehe und wovon er handle, dem könne er nicht helfen. Der gesamte Satz mit dem umstrittenen Ausdruck lautet „Sie hängen auf den Straßen herum, sammeln Konsens, haben sogar ihre Ajvanli-Paschas, die ihnen beibringen, wie sie ‚serbische Ustascha‘ und neue Unholde der Lubjanka werden“. Während nicht eindeutig klar ist, auf wen er sich bezieht, verurteilt er bereits am Anfang des Textes Farbrevolutionen. Wenn „Unordnung, Aufruhr und Revolutionen verschiedener Farben“ stattfänden, herrsche an ihrem Ende immer die Farbe des Bluts. Alle Teilnehmenden seien „verantwortlich für weitreichende historische Folgen“, das wüssten sowohl „skrupellose Meister der Verwicklungen“ als auch „naive Bauern“.

Anders als ihr Bischof unterstützten Geistliche der Kathedrale von Kruševac die Protestierenden. Am 27. Februar traten sie vor die Kathedrale, um die Demonstrierenden zu grüßen. Zudem stellten sie Getränke und Snacks für sie auf und segneten sie. Sie hätten sich spontan und informell organisiert, erklärten sie später. In Kragujevac stellte sich ebenfalls ein Priester – Nikola Simić – auf die Seite der Studierenden. Gegen ihn wird ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet, was offiziell aber nichts mit seiner Unterstützung für die Proteste zu tun haben soll. Tatsächlich bestehen zwischen ihm und Bischof Jovan (Mladenović) von Šumadija schon seit längerem Spannungen. Auch in Niš trat ein Geistlicher auf die Straße, um die Demonstranten zu begrüßen, nachdem er die Kirchenglocken geläutet hatte.

Patriarch Porfirije hat sich bisher nicht eindeutig zu den Protesten geäußert, Gerüchten zufolge unterstützt er sie. Öffentlich hat er entschieden Gewalt gegenüber den Teilnehmenden verurteilt. Zudem zeigte er sich erschüttert, als eine Studentin bei einem Protest von einem Autofahrer verletzt wurde, und besuchte die junge Frau im Krankenhaus. (NÖK)