Montenegro: Ministerpräsident unterzeichnet Abkommen mit der Serbischen Orthodoxen Kirche
Der montenegrinische Ministerpräsident Dritan Abazović hat ein lang diskutiertes Grundsatzabkommen mit der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) unterzeichnet. Nach stundenlanger Diskussion stimmten am 8. Juli 13 Minister für die Annahme des Abkommens, fünf dagegen, drei waren abwesend. Das verabschiedete Dokument muss nun noch vom Hl. Synod der SOK angenommen werden. Die letzte Verhandlungsrunde zwischen Abazović und dem serbischen Patriarchen Porfirije hatte Ende Juni in Belgrad stattgefunden. Am 30. Juni zeigten sich die beiden an einer Medienkonferenz mit dem Diskussionsverlauf zufrieden und zuversichtlich in Bezug auf einen baldigen Abschluss.
Das 20 Artikel umfassende Abkommen schreibt die Trennung von Kirche und Staat in Montenegro vor (Art. 1). Der Staat anerkennt die „Kontinuität der rechtlichen Subjektivität“ der SOK in Montenegro seit 1219 (Präambel und Art. 2) und garantiert die „Unverletzlichkeit des kirchlichen Eigentums- und Nutzungsrechts über Klöster, Kirchen, Gebäude und andere Liegenschaften und Räumlichkeiten in ihrem Besitz“ (Art. 7). Diese Bestimmungen sind für die SOK wichtig, weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Eigentumskonflikten mit staatlichen Organen und der Montenegrinischen Orthodoxen Kirche, einer gesamtorthodox nicht anerkannten Kirche, gekommen ist. Im Fokus stand dabei insbesondere das Kloster Cetinje in der alten Königs- und Hauptstand Montenegros. Festgeschrieben wird zudem, dass ausschließlich die Bischofsversammlung der SOK als höchstes kirchliches Organ für die Wahl, Weihe und Einsetzung der Bischöfe in den Eparchien in Montenegro sowie für die Gründung, Veränderung und Aufhebung von Eparchien zuständig ist (Art. 6). Bezüglich der Restitution von nationalisierten kirchlichen Gütern in der sozialistischen Zeit hält das Abkommen fest, dass diese Frage in einer „vernünftigen Frist“ geregelt werden soll (Art. 12). Außerdem wird die Möglichkeit zur Einführung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen eingeräumt (Art. 16). Dies hatte Metropolit Joanikije (Mićović) von Montenegro und den Küstenländern mehrfach gefordert.
Fraglich ist allerdings, ob damit die Debatte um das Grundsatzabkommen wirklich abgeschlossen ist. Kritiker bemängelten, dass das Abkommen der SOK zu viele Privilegien zugestehe. Vize-Ministerpräsident Raško Konjević von der Sozialdemokratischen Partei (SDP) drohte mit dem Bruch der Regierungskoalition. Auch die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Präsident Milo Đukanović drohte der Minderheitsregierung von Dritan Abazović ihre Unterstützung zu entziehen, so dass diese ihre Parlamentsmehrheit verlieren würde. Das Abkommen widerspreche der Verfassung, und die „Präambel stimmt nicht mit historischen Fakten überein“, sagte Konjević. Die Regierung „hat ihre Legitimität verloren“ und „nach Konsultationen wird ein Antrag gestellt werden, das Mandat des Parlaments zu kürzen, das heißt außerordentliche Wahlen abzuhalten“. 13 Stimmen würden nicht zwei Drittel der 21 Minister bilden, bemängelte der SDP-Minister, somit sei das Dokument nicht korrekt verabschiedet worden. Abazović widersprach dieser Einschätzung, bot aber an, die Abstimmung aufgrund des Fehlens dreier Minister zu wiederholen.
Die SOK ist die größte Religionsgemeinschaft in Montenegro und eine große Mehrheit der orthodoxen Gläubigen im Land bekennt sich zu ihr. Mit der lange Jahre regierenden DPS bestanden viele Konflikte, den Tiefpunkt bildete ein Ende 2019 verabschiedetes neues Religionsgesetz, gegen das die SOK Massenproteste organisierte. Im August 2020 kam es zu einem Regierungswechsel, was die Lage entspannte, da danach das umstrittene Religionsgesetz abgeändert wurde. Doch auch mit der als kirchennah und proserbisch geltenden Regierung von Zdravko Krivokapić gelang der Abschluss der Verhandlungen zum Grundsatzabkommen nicht. Dieser ließ die angekündigte Unterzeichnung im Mai 2021 platzen. Die seit Ende April 2022 im Amt befindliche Minderheitsregierung unter Abazović nahm die Verhandlungen mit der SOK wieder auf. (NÖK)
Der Entwurf für ein neues Religionsgesetz hat in Montenegro zu verstärkten Spannungen zwischen der Serbischen Orthodoxen Kirche und dem Staat geführt. Emil Hilton Saggau erläutert die Position der nicht anerkannten Montenegrinischen Orthodoxen Kirche in diesem Konflikt.
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In Montenegro wird ein neues Religionsgesetz vorbereitet, das von der im Land dominierenden Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) kritisiert wird. Zur Stellung der SOK, ihrem Verhältnis zum Staat und zu den anderen Religionsgemeinschaften äußert sich Stefan Kube.
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