Bulgarien: Altkalendarier als offizielle Religionsgemeinschaft registriert, doch der Streit geht weiter
Mit einem Beschluss vom 16. Dezember 2024 hat das Oberste Kassationsgericht der Republik Bulgarien die Bulgarische Orthodoxe Altkalendarische Kirche (BOAK) in das Konfessionsregister des Stadtgerichts Sofia eingetragen. Somit wird diese als religiöse Institution im Sinne des Religionsgesetzes anerkannt. Die Bemühungen der Altkalendarier um eine Registrierung begannen bereits vor 15 Jahren, doch sie waren vor den lokalen Gerichten erfolglos. 2021 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf eine Beschwerde hin jedoch zugunsten der Registrierung der Kirche der Altkalendarier. Dies dürfte ausschlaggebend für das Urteil des Kassationsgerichts gewesen sein.
Durch den Beschluss des Kassationsgerichts erhofft sich die BOAK, ihre Aktivitäten von nun an ohne administrative und rechtliche Hindernisse durchführen zu können. Doch das Echo dieses Beschlusses hat eher das Gegenteil bewirkt. Der bulgarische Patriarch Daniil und Mitglieder des Hl. Synods trafen sich mit verschiedenen Institutionen, um vom Staat Schutz vor einem möglichen „neuen Schisma“ zu erhalten. Der Interimsministerpräsident Dimatar Glavtschev bezeichnete die BOAK als potenzielle Gefahr. Auch der bulgarische Präsident Rumen Radev äußerte sich in diesem Sinne. Ihm zufolge sollten die Risiken für die BOK „als Bedrohung für unsere nationale Einheit und Souveränität betrachtet werden“. Daher müsse der Staat durch seine Institutionen in der Lage sein, die Bedingungen für die Einheit der bulgarisch-orthodoxen Kirche zu gewährleisten. Er versicherte Patriarch Daniil, dass die präsidiale Institution ihren Beitrag diesbezüglich leisten würde.
Die Lösung, auf die sich Kirchenmänner und Politiker geeinigt haben, besteht darin, die Verwendung des Wortes „orthodox“ als Definition für jede andere Kirche in Bulgarien zu untersagen. Mit großer Mehrheit stimmte das Parlament in erster Lesung für drei Gesetzentwürfe zur Änderung des Religionsgesetzes, die die Bulgarische Orthodoxe Kirche (BOK) als alleinige traditionelle Vertreterin der orthodoxen Konfession in Bulgarien betonen. Demnächst muss der Legislativausschuss des Parlaments aus den drei Entwürfen einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Das Besondere an diesem Fall ist, dass zum ersten Mal in einen weltlichen Rechtstext mit der entsprechenden Verbindlichkeit ausdrücklich auf das Kirchenrecht verwiesen wird, wenn auch nur im Hinblick auf die „Einheit der orthodoxen Kirche“.
Diese auffällige Tendenz der Bindung zwischen Staat und Kirche löst selbst bei Gläubigen Sorgen aus, die eigentlich diametral gegensätzliche Ansichten zu denen der Altkalendarier haben. Sie sehen die Gefahr, dass man sich in Zukunft am russischen Modell des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche orientieren könnte.
Die Absonderung der Anhänger des sog. Alten (Julianischen) Kalenders vollzog sich in Bulgarien 1968, nachdem die BOK den sog. Neujulianischen Kalender eingeführt hatte. Doch erst 1993 wagten die Altkalendairer auch eine formelle Trennung und die Gründung einer eigenen Kirche, die sehr stark antiökumenisch ausgerichtet ist.
Vladislav Atanassov