Zum Hauptinhalt springen

Nachruf Prof Dr. Karl Christian Felmy

13. Juli 2023

Eine Woche vor dem Symposium, das zu Ehren seines 85. Geburtstages geplant war, verstarb der emeritierte Professor der Theologie Karl Christian Felmy (13. Februar 1938 – 6. Juli 2023). Nur wenige Tage vor seinem unerwarteten Entschlafen hatte er seiner Vorfreude auf die bevorstehende Tagung Ausdruck gegeben. Die Vorsehung hat es anders gefügt. Mit dem Einverständnis und auf Wunsch der Hinterbliebenen wird die Veranstaltung durchgeführt, nun nicht mehr als Jubelfeier, sondern im ehrenden Gedenken an den im Herrn Entschlafenen.

Karl Christian Felmy zählte zu den bedeutendsten Vertretern der ostkirchlichen Studien im deutschen Sprachraum und weit darüber hinaus. Als ursprünglich evangelischer Theologe hatte er in der Geschichte und Liturgie der östlich-orthodoxen Kirche und namentlich der russischen Kirche sein ureigenes Forschungsfeld gefunden. In Münster wurde er von Robert Stupperich in die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Christlichen Osten eingeführt. Hier versah er seine erste Assistentenstelle und verfasste seine Dissertation zur Predigt im alten Russland (1970). Nach einer Zwischenzeit als Referent für Orthodoxie im Kirchlichen Außenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland 1971–1975 kehrte er an die Universität zurück und fand in Erlangen als Assistent bei Fairy v. Lilienfeld seine weitere Wirkungsstätte. Seiner Leidenschaft für das gottesdienstliche Erbe der Ostkirche entsprach die Habilitationsschrift zur Deutung der Göttlichen Liturgie in der russischen Theologie von 1981. Aus Heidelberg, wo er als Professor für Konfessionskunde wirkte, kehrte er als Nachfolger v. Lilienfelds nach Erlangen zurück. Den Lehrstuhl für Geschichte und Theologie des Christlichen Ostens bekleidete er dort von 1985 bis zu seiner Emeritierung 2003. In dieser Zeit gelang es Felmy, einen hochqualifizierten Kreis von Schülerinnen und Schülern heranzubilden, die im akademischen und kirchlichen Bereich später wichtige Positionen einnehmen sollten.

Zugleich trat er als Autor zahlreicher Publikationen hervor, wie der viel gelesenen Einführung in die orthodoxe Theologie der Gegenwart von 1990, die er in dritter, überarbeiteter Auflage 2014 noch einmal herausbrachte. Die Bedeutung dieses Buches lässt sich allein daran ablesen, dass es in sechs Sprachen übersetzt wurde (Russisch, Rumänisch, Italienisch, Polnisch, Bulgarisch und Spanisch). Dieses Buch wie auch die zahlreichen anderen Publikationen zu orthodoxer Liturgie, Theologie und Frömmigkeit wurden auch von orthodoxer Seite als gewissermaßen kongeniale Beiträge geschätzt, die zu einem wissenschaftlich fundierten Verständnis der eigenen Tradition verhalfen. Felmy wandte sich auch an ein breiteres Publikum, dem er damit einen verlässlichen Zugang zur Welt der Orthodoxie eröffnete. Exemplarisch sei hier auf das schöne Buch über die Christus-Ikone von 2004 verwiesen. In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste wurde Felmy zweimal der Grad des theologischen Ehrendoktors verliehen, im Jahre 2005 von der Moskauer Theologischen Akademie und 2008 von der Orthodoxen Theologischen Fakultät der Universität Bukarest.

Für Felmy gehörte das Engagement für die Kirche zum Kern seiner Aufgaben als Professor der Theologie. So wirkte er lange Jahre in Kommissionen der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Lutherischen Weltbundes mit, die den Dialog mit der Orthodoxie pflegten. Freilich brachten es die Entwicklungen in der evangelischen Kirche und ihrer Theologie mit sich, dass er sich als bekenntnistreuer, der Hochkirche zuneigender Lutheraner in seiner eigenen Kirche immer fremder fühlte. Es wurde ihm selbst immer deutlicher, wie ihm die Orthodoxie nicht nur Gegenstand seiner Forschung war, und er sich von Russland nicht nur im Hinblick auf Sprache und Kultur angezogen fühlte, sondern dass die Russische Orthodoxe Kirche ihm letztlich die geistliche und religiöse Heimat bot, nach der er sein Leben lang gesucht hatte. Er vollzog die Konversion zur Orthodoxie im Jahr 2007 und erhielt den Namen Vasilij. Am 2. Januar 2008 wurde er von Erzbischof Feofan von Berlin und Deutschland zum Lektor und am 27. September 2011 zum Diakon geweiht. Danach diente er treu im Gottesdienst der Nürnberger Kirchengemeinde. Die Russische Orthodoxe Kirche ehrte ihn mit der Verleihung verschiedener Orden.

Wer ihn kennenlernen durfte, bewunderte seine tiefe Religiosität, sein Genie der Gastfreundschaft und seinen nie versiegenden und treffsicheren Humor. Er möge ruhen in Frieden. Ewiges Gedenken!

München/Marburg, 11. Juli 2023

Daniel Benga, Karl Pinggéra

Bild: © Michael Hübner