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Ukraine: Rat der Religionsgemeinschaften unzufrieden mit Lockerungen

28. Mai 2020

Der Allukrainische Rat der Kirchen und Religionsgemeinschaften bemängelt, dass die gelockerten Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie die Bedürfnisse der Gläubigen zu wenig berücksichtigten. In der Praxis könnten diese die Durchführung von Gottesdiensten, vor allem in kleinen Kirchen, sogar erschweren. Andererseits anerkennt der Rat die Lockerungen als gewissen Fortschritt bei der Gewährleistung des Rechts auf Religionsfreiheit.

Im Zentrum der Kritik steht die Regelung, dass pro Gottesdienstbesucher mindestens zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen müssen. Für Veranstaltungen in Kultureinrichtungen, die ab dem 10. Juni erlaubt sind, gilt hingegen ein Verhältnis von einer Person pro fünf Quadratmeter. Diese Ungleichbehandlung stoße bei Gläubigen, gerade denen, die sich bisher gewissenhaft an die Quarantäneregeln gehalten hätten, auf Unverständnis, erklärte der Rat in seinem Schreiben an Ministerpräsident Denis Schmygal. Besondere Sorge bereitet dem Rat, dass die neue Regelung in kleinen Kirchen und Gebetsräumen dazu führen könnte, dass sich dort weniger als die bisher erlaubten zehn Gläubigen aufhalten dürfen. Das ukrainische Institut für Religionsfreiheit bezweifelt die Verhältnismäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Einschränkungen für religiöse Aktivitäten, während die Regierung zugleich die Wiederaufnahme des öffentlichen Verkehrs erlaubt. Dort seien Menschenansammlungen deutlich größer.
Der Rat der Kirchen und Religionsgemeinschaften schlägt der Regierung außerdem vor, Gottesdienste und religiöse Bräuche außerhalb von Kultstätten im Freien sowie private religiöse Feiern wie Hochzeiten, Taufen und Begräbnisse unter Schutzmaßnahmen zu erlauben. Zudem hält der Rat die Ausweitung der obligatorischen Selbstisolation für über 60-Jährige auf Geistliche und Kirchendiener nicht für zweckmäßig. Die Regelung gilt seit Mitte März und wird mit der jetzigen Anpassung nicht gelockert.
Aufgehoben wurde am 25. Mai die Quarantäne für das Kiewer Höhlenkloster. Das Kloster war am 13. April von den städtischen Behörden geschlossen worden, weil dort die Zahl der Coronavirus-Infektionen rasant gestiegen war. Während der Quarantäne war es von der Polizei bewacht worden, niemand wurde hinein- oder hinausgelassen. Das Kloster, das von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die dem Moskauer Patriarchat untersteht, genutzt wird, wird dieser online streitig gemacht. Auf der Website des Präsidenten wurde im April eine Petition lanciert, die verlangt, der UOK das Höhlenkloster aufgrund der Missachtung von Quarantänemaßnahmen zu entziehen.
Georgij Kovalenko, der frühere Sprecher der UOK-Leitung, der sich der 2019 gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) angeschlossen hat, hält die Initiative nicht für sinnvoll. In einem Interview gab er zu bedenken, dass dies nur zur Destabilisierung führe. Da es keine Forderungen von anderen Kirchen gebe, die das Höhlenkloster nutzen möchten, sei die Diskussion obsolet. Die Initianten der Petition fordern, das Kloster der OKU zu übergeben. Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskyj, an den die Petition gerichtet ist, erklärte, die Frage liege nicht in seiner Kompetenz. Das Kabinett sei für die Verwaltung von Objekten in Staatsbesitz zuständig. Die Petition hatte über 27.000 Unterschriften erhalten. Um vom Präsidenten geprüft zu werden, sind 25.000 Unterschriften nötig. (NÖK)

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