Weißrussland: Proteste gegen Entfernung von Kreuzen in Kurapaty
In Weißrussland protestieren Aktivisten, Kirchenvertreter und Oppositionsparteien gegen die Entfernung von Gedenkkreuzen aus dem Wald von Kuropaty bei Minsk. Seit Anfang April sind rund 70 Kreuze entfernt worden. Die Bauarbeiten gingen unter Polizeischutz, darunter auch Spezialeinheiten, vonstatten, während Journalisten daran gehindert wurden, sich den Arbeitern zu nähern. Über ein Dutzend der Aktivisten, die versuchten die Arbeiten zu verhindern, wurden vorübergehend festgenommen. Zwei weitere Aktivisten erhielten Strafen, weil sie in den folgenden Tagen die Errichtung eines Zauns zu verhindern versucht hatten.
Über 200 Personen versammelten sich am Tag nach der Entfernung der Kreuze in Kurapaty, um zu beten und Kerzen anzuzünden. Die Russische Orthodoxe Kirche rief zu einem „respektvollen Dialog“ über das Schicksal der Kreuze auf, dessen Resultat von der Kirche und der weißrussischen Gesellschaft akzeptiert werden müsse. Vachtang Kipschidse, stellv. Leiter der Abteilung für die Zusammenarbeit der Kirche mit der Gesellschaft und den Medien, betonte, die Kreuze seien keine „politische Installation“, sondern ein „spirituelles Gedenken“ an die Opfer. Ein Kreuz dürfe nicht zum „Vorwand für die Verwirklichung politischer Ambitionen der einen oder anderen gesellschaftlichen Gruppen“ werden. Auch katholische Erzbischof von Minsk, Tadeusz Kondrusiewicz, und die Literatur-Nobelpreisträgerin von 2015, Swetlana Aleksijewitsch, protestierten gegen den Abriss der Kreuze.
Eine Gruppe von Aktivisten hat eine Petition an Präsident Lukaschenko gerichtet, die Kreuze wieder aufstellen zu lassen. In ihrem offenen Brief sprechen sie von einem „tragischen Tag für die weißrussische Gesellschaft. Sie erinnerten auch daran, dass die Kreuze durch eine Fundraising-Kampagne finanziert worden seien. Zudem hätten Aktivisten 2002 ihren Standort mit den Behörden vereinbart, somit sei kein Gesetz verletzt worden.
Zunächst war unklar, wer die Anweisung zur Entfernung der Kreuze gegeben hatte, eine offizielle Stellungnahme lag nicht vor. Es wurde spekuliert, dass Präsident Alexander Lukaschenko für das Vorgehen verantwortlich ist. Dieser hatte das „Demonstrieren mit Kreuzen“ in Kurapaty in einer Fernsehdebatte am 1. März verurteilt. Später ließ die lokale Forstwirtschaftsbehörde verlauten, es handle sich um eine Aufwertung der Stätte. Die Kreuze seien illegal errichtet worden und hätten nichts mit der Bewahrung des Gedenkens an die Opfer zu tun. Die Arbeiten hätten im November 2018 mit der Errichtung eines Denkmals und der Markierung des öffentlichen Wegs im Wald begonnen und seien nun mit Verschönerungsarbeiten weitergeführt worden. Legal aufgestellte Kreuze seien stehengeblieben. (NÖK)
Im Waldstück Kurapaty wurden in den 1930er und 1940er Jahren Zehntausende bis über Hunderttausend Personen von der stalinistischen Geheimpolizei hingerichtet. Zum Gedenken an die Opfer haben weißrussische Aktivisten Hunderte von Kreuzen errichtet. Ein offizielles Mahnmal wurde von den Behörden erst 2018 aufgestellt, obwohl seit 1989 ein Dekret über die Bewahrung der Erinnerung an die Opfer von Kurapaty in Kraft ist. Zudem hat der Gedenkort seit 1993 den Status einer Stätte von historischem und kulturellem Wert von internationaler Bedeutung.
Immer wieder kommt es zu Übergriffen auf den Gedenkort. So wurde im Februar zum wiederholten Mal die sog. Clinton-Bank, ein vom damaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton gestiftetes Denkmal, beschädigt. Im März wurden zwei Monumente mit antisemitischen Sprüchen beschmiert. Seit Mai 2018 protestieren Aktivisten zudem gegen ein Restaurant in der Nähe; sein Bau und Betrieb seien illegal. 2017 stoppten die Behörden den Bau eines Businesscenters in der Nähe von Kurapaty aufgrund einer zweiwöchigen Protestaktion.
Bei der Gedenkstätte Kurapaty in der Nähe von Minsk protestierten Aktivisten im April gegen die Entfernung von Kreuzen durch die Behörden. Natallia Vasilevich schildert Kurapatys Geschichte und das Verhältnis der Kirchen dazu sowie deren soziales Engagement.
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Alena Alshanskaya nimmt Stellung zu den Äußerungen von Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz von Minsk-Mohilev zu einem Gesetzesvorhaben zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Der Erzbischof kritisiert das Vorhaben, weil es aus seiner Sicht die Rechte von Eltern zu sehr beschneidet.
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