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Belarus: Katholischer Erzbischof darf weiterhin nicht einreisen

17. September 2020

Der Pass des katholischen Erzbischofs von Minsk, Tadeusz Kondrusiewicz, ist für ungültig erklärt worden. Kondrusiewicz war am 31. August die Einreise nach Belarus aus Polen, wo er sich einige Tage beruflich aufgehalten hatte, ohne Angabe von Gründen verweigert worden. Laut belarussischem Gesetz darf einem Staatsbürger die Einreise ins Land nicht verwehrt werden. Nun erklärte die zuständige Behörde des Innenministeriums, der Pass sei ungültig, da die Staatszugehörigkeit des Erzbischofs zurzeit überprüft werde.

Die Überprüfung seiner Staatszugehörigkeit hat laut der Behörde bereits vor seiner Abreise nach Polen begonnen, das Zusammenfallen mit der Reise sei ein Zufall. Kondrusiewicz betonte in Interviews erneut, dass er nur einen Pass – den belarussischen – habe. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenka hatte angedeutet, der Erzbischof habe mehrere Staatsbürgerschaften.
In Minsk fand bei der katholischen Dreifaltigkeitskirche am 11. September eine Kreuzprozession gegen die „Verfolgung der katholischen Kirche“ statt. Initiiert wurde die Aktion von Gläubigen der Gemeinde und ihrem Vorsteher Jurij Sanko, den Gottesdienst leitete Weihbischof Juryj Kasabuzki. Unter den Teilnehmern waren nicht nur Katholiken aller Gemeinden der Hauptstadt, sondern auch Gläubige anderer Religionsgemeinschaften, die so ihre Solidarität und Unterstützung zeigten. Kasabuzki bedankte sich für die Anteilnehme und bezeichnete die verhinderte Rückkehr Kondrusiewiczs nach Belarus als „Schlag für die ganze katholische Gemeinschaft unseres Landes, die nun ohne Hirten geblieben ist“. Die Kreuzprozession sei der „Freiheit der katholischen Kirche in Belarus“ gewidmet, der „Rückkehr des Metropoliten, der Errichtung von Gerechtigkeit sowie dem Guten und dem Frieden in unserem Land“, sagte Kasabuzki weiter.
Unterstützung erhielt Kondrusiewicz auch aus dem Vatikan. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin erklärte, der Vatikan bestehe darauf, dass der Bischof in seine Diözese zurückkehren und seine Arbeit weiterführen könne. In diesem Zusammenhang sei auch der Besuch von Erzbischof Paul Richard Gallagher, dem vatikanischen Außenbeauftragten, in Minsk zu sehen. Gallagher traf dort den belarussischen Außenminister Vladimir Makej, um unter anderem die Beziehungen zwischen Belarus und dem Vatikan in der aktuellen Situation und die Zusammenarbeit bei internationalen Organisationen zu besprechen. Laut dem belarussischen Außenministerium hat Makej die „historische Rolle der katholischen Kirche bei der Entstehung und Entwicklung des belarussischen Staats“ hervorgehoben. Zudem sei er überzeugt, dass der „konstruktive Dialog“ mit dem Vatikan eine Bedingung für die „Bewahrung von interkonfessionellem Frieden und Einigkeit ist“. Auch Parolin wies darauf hin, dass die katholische Kirche immer ein „Faktor des Dialogs, der Einigung und des Friedens“ sein müsse.
Bei der Begegnung mit Gallagher hat die Regierung erneut Papst Franziskus eingeladen, Belarus zu besuchen. Parolin erklärte, dass die Coronavirus-Epidemie momentan alles blockiere. Aber er glaube, dass dies ein Besuch sei, über den der Papst nachdenke. (mit Material von Kathpress) (NÖK)

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