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Russland: Ilarion nicht von Russisch als Liturgiesprache überzeugt

02. April 2020

In seiner wöchentlichen Fernsehsendung „Kirche und Welt“ hat Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, bezweifelt, dass Russisch als Liturgiesprache sinnvoll wäre. Auf eine Zuschauerfrage, ob denn die Gottesdienste nicht auf Russisch und somit für alle verständlich sein sollten, antwortete er, mit einer Übersetzung allein sei das Verständnisproblem noch nicht gelöst.

Die Texte, die heute in Gottesdiensten der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) verwendet würden, seien „im Prinzip Werke altbyzantinischer Poesie“ und auch in der Übersetzung in modernes Russisch längst nicht immer verständlich. Als Beispiel führte Ilarion einen Text an, der zur Fastenzeit gelesen wird und viele Verweise auf biblische Figuren enthält, die den meisten Zuhörern unbekannt seien. Geschrieben worden sei der Text für Mönche, die die Bibel praktisch auswendig kannten und die entsprechenden Assoziationen mühelos machten. Diese Verknüpfungen könnten die heutigen Zuhörer und Leser aufgrund ihrer mangelnden Kenntnis der Bibel allerdings nicht machen. Daher sei „das Problem der Verständlichkeit mit der Übersetzung auf Russisch allein nicht zu lösen“.

Der russische Patriarch Kirill befürwortet eine teilweise russische Übersetzung, wenn das von den Gemeindemitgliedern erwünscht ist. Er schlägt vor, das Evangelien, die Apostelgeschichte oder Auszüge aus dem Alten Testament auf Russisch zu lesen. Damit soll auf veränderte Bedürfnisse der Gläubigen eingegangen werden, einen umfassenden Wechsel der Liturgiesprache hält jedoch auch er nicht für sinnvoll.

Ilarion denkt, dass die Lösung des Verständnisproblems der Gottesdienste nicht „auf der Ebene der Übersetzung der Gottesdienste auf Russisch liegt, sondern auf der Ebene der Erklärungsarbeit der Geistlichen“. Diese müssten den Gläubigen den Sinn und die Inhalte der Gottesdienste erläutern. Allerdings brauche es nicht nur die Arbeit der Geistlichen, sondern auch die „Anstrengung des Menschen“, der „Interesse am Gottesdienst zeigen muss“. Die Gläubigen sollten sich selbst bemühen, indem sie beispielsweise zuhause religiöse Texte in russischer Übersetzung lesen und sich so in die Materie vertiefen. So würde der Gottesdienst für sie mit der Zeit verständlich. (NÖK)