Zum Hauptinhalt springen

Russland: Erzpriester Dimitrij Smirnov gestorben

29. Oktober 2020

Erzpriester Dimitrij Smirnov, eine der prominentesten und umstrittensten Figuren der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK), ist am 21. Oktober im Alter von 69 Jahren gestorben. Smirnov hatte lange die Synodalabteilung für die Zusammenarbeit mit den Streitkräften geleitet, zudem war er Mitglied in zahlreichen kirchlichen Gremien. Zuletzt war er Vorsitzender der Patriarchalkommission für Familienfragen sowie den Schutz von Mutterschaft und Kindheit. Im August 2020 trat er aus gesundheitlichen Gründen von diesem Posten zurück und wurde zugleich zum Ehrenvorsitzenden der Kommission ernannt.

Dimitrij Smirnov war für seine kontroversen Äußerungen und konservativen Positionen bekannt. So hatte er im Mai das Segnen von Nuklearwaffen durch die ROK verteidigt. Er bezeichnete diese als „wunderbare Erfindung“, dank der „Russland bis heute existiert“. Es handle sich um eine „Waffe des Friedens“, da sie zur Abschreckung diene. Er sprach sich auch für ein Verbot von Zeichentrickfilmen aus, insbesondere ausländischen, weil sie die sprachliche Entwicklung von Kindern behindern würden. Besonders großes Echo löste er im Februar mit seiner Aussage aus, unverheiratet mit Männern zusammenlebende Frauen seien „unbezahlte Prostituierte“. Diese Frauen würden behaupten, in einer Zivilehe zu leben, aber das stimme nicht. Sie würden „einfach gratis Dienste“ leisten, aber niemand betrachte sie als Ehefrauen, auch ihre Männer nicht.

Im Mai war Erzpriester Smirnov am Coronavirus erkrankt und hospitalisiert worden. Danach hieß es, er werde sich für längere Zeit erholen, und er gab alle seine Posten auf. Kurz vor seiner Erkrankung hatte Smirnov das Coronavirus als „außerordentlich nützliche Erscheinung“ bezeichnet. Die Pandemie vermindere den „Egoismus“ und stattdessen würden Freiwilligenarbeit und der „Wunsch, etwas für seinen Nächsten zu tun“, aktiviert.

Obwohl er mit seinen Aussagen polarisierte und oft heftige Gegenreaktionen auslöste, wurde er auch von Kritikern für seine konsequente Haltung und praktische Hilfe für Bedürftige gewürdigt. Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, lobte ihn als „Mensch von außergewöhnlichem Verstand“, der „viele Menschen im Glauben unterwiesen hat, das göttliche Geschenk des menschlichen Lebens verteidigte und in Wort und Tat Waisenkindern und Benachteiligten half“. Auch der russische Patriarch Kirill würdigte Smirnovs Wirken und bedauerte, an der Totenfeier nicht persönlich anwesend sein zu können, da er sich in Quarantäne befindet. Am 23. Oktober versammelten sich zahlreiche Hierarchen und Geistliche sowie Tausende Gläubige in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau, um sich von Erzpriester Smirnov zu verabschieden. Der Gottesdienst wurde von Metropolit Dionisij (Porubaj) von Voskresensk, dem Vikar von Patriarch Kirill, geleitet und vom orthodoxen Fernsehsender Sojuz live übertragen. (NÖK)