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Russland: Initiative zum Verbot der Leihmutterschaft

08. April 2021

Der Verband orthodoxer Frauen hat über 55‘000 Unterschriften gesammelt, um in Russland die Leihmutterschaft zu verbieten. In der Petition, die der Verband Ende März dem Duma-Abgeordneten Nikolaj Zemtsov übergab, fordert er, ein vollständiges gesetzliches Verbot der Leihmutterschaft in Russland in Betracht zu ziehen und sie sofort für Ausländer und alleinstehende Russ*innen zu verbieten sowie die kommerzielle Leihmutterschaft und Werbung dafür zu untersagen.

In beiden Kammern des russischen Parlaments stößt das Vorhaben auf Zustimmung. Zemtsov erklärte, „wir arbeiten hart und hoffen, dass schon in dieser Frühlingssession ein Gesetzesentwurf eingebracht wird“. Damit würde die Praxis beendet, die es „Ausländern erlaubt, Zehntausende Kinder aus dem Land zu bringen“, und eine entsprechende Gesetzeslücke geschlossen. In der Petition wird bemängelt, dass in Russland die Leihmutterschaft nicht in erster Linie kinderlosen Paaren diene, sondern dem „Verkauf“ von Kindern ins Ausland, darunter auch an gleichgeschlechtliche Paare. Zudem würden in diesem System bedürftige Frauen ausgebeutet, deren Gesundheit dauerhaft geschädigt werde.

2015 hatte der russische Patriarch Kirill Leihmutterschaft in einer Rede vor der Staatsduma scharf verurteilt, sie sei mit dem „moralischen Bewusstsein nicht vereinbar“. Ende Januar 2020 wiederholte er diesen Standpunkt, die Praxis „beutet in gewissem Sinn Frauen aus und fördert sogar den Kinderhandel“.

Die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) hat vor kurzem eine Debatte über eine neue Position zur Fortpflanzungsmedizin lanciert. In dem Mitte Februar zur Diskussion gestellten Dokument wird die Leihmutterschaft als unzulässig zurückgewiesen, ebenso wie in der Sozialkonzeption der ROK aus dem Jahr 2000. Die Frist, während der Kommentare zum Dokument „Ethische Probleme im Zusammenhang mit der Methode der außerkörperlichen Befruchtung“ abgegeben werden konnten, ist Ende März abgelaufen. An seiner Sitzung lehnte der Kirchlich-Gesellschaftliche Rat für biomedizinische Ethik den Vorstoß zu einer revidierten Haltung hinsichtlich der In-Vitro-Fertilisation (IVF) entschieden ab. Die Befürworter seien bereit, einen „Kompromiss mit den Wünschen von Frauen und Männern, Kinder mithilfe der Errungenschaften des wissenschaftlich-technischen Fortschritts zu haben, einzugehen“. Der Rat befürchtet, mit der Unterstützung „scheinbar humaner“ Fortpflanzungsmedizin würden in den Augen der orthodoxen Gemeinschaft auch andere Methoden „legalisiert“, was „direkt zur Eugenik führt“.

Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, verwies in seiner wöchentlichen Fernsehsendung „Kirche und Welt“ auf die unterschiedlichen Standpunkte innerhalb der ROK zu dieser Frage. Er leitet zudem die Kommission für Theologie und theologische Bildung der Interkonziliaren Präsenz, die das Dokument erarbeitet hat. Es sei eine „sehr heikle und schwierige Frage“, wo die Grenzen des Zulässigen im Bereich der Biotechnologie zu ziehen seien. Im Interview gab er zu bedenken, dass er als Geistlicher wenig über Fortpflanzungsmedizin wisse und es daher nötig sei, Spezialisten beizuziehen, um eine kompetente Antwort formulieren zu können. Bei der Diskussion dieser Themen gehe es außerdem nicht um die Schaffung einer theoretischen Basis, sondern sie sei von einer „lebendigen und dringenden seelsorgerischen Notwendigkeit“ motiviert. Auch die Kommission sei sich uneinig gewesen, daher stelle das Dokument lediglich die grundlegenden Standpunkte dar, nun müsse die Kirche die Bedingungen der (Un-)Zulässigkeit der IVF bestimmen. (NÖK)