Russland: Patriarch Kirill rechtfertigt russische Kriegsführung gegen antichristliche Provokationen
In seiner Predigt zum Todestag von Patriarch Tichon (Bellavin) am 7. April hat Patriarch Kirill erklärt, dass die Orthodoxe Kirche damals wie heute die Ankunft des Antichristen aufhält (Bezug auf 2. Thess. 2,6). Tichon, der sich mehrfach der bolschewistischen Regierung widersetzt hatte, starb am 7. April 1925 unter ungeklärten Umständen. Kirill zufolge geschehen heute gefährliche Prozesse auf ukrainischem Boden, wo „der Feind des Menschengeschlechts internen Streit zwischen Brüdern, Gliedern einer Kirche, anfacht, die zum einen orthodoxen Glauben gehören.“ Dabei verstrickten sich viele Menschen so stark im Netz des Teufels, dass sie die Wahrheit nicht mehr von der Lüge unterscheiden könnten und bereit seien, den Anweisungen des Bösen zu folgen.
Äußere Kräfte wollten die russische Erde zerstören und zerteilen, deshalb müsse man vor allem für die geistige Einheit der russischen Erde beten und fasten, so der Patriarch. Es sei die Kirche und der orthodoxe Glaube, welche die Menschen davon abhalte, die Orientierung im Leben zu verlieren, und damit die Ankunft des Antichristen aufhalte. Mit dem Gedenken an Tichon gedachte der Patriarch auch der Opfer der Zeit der Verfolgungen und der „harten Jahre der Verbannung im Fernen Osten unseres Landes“ unter der „damaligen Regierung“.
In seiner Predigt am 3. April in der neuen Hauptkirche der russischen Streitkräfte bei Moskau hatte Patriarch Kirill den „friedliebenden und leidgeprüften Charakter des russischen Volks“ betont und erneut den Krieg gegen die Ukraine gerechtfertigt. Das Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) feierte die Liturgie erstmals seit dem russischen Angriff am 24. Februar in der 2020 eingeweihten Christi-Auferstehungs-Kathedrale im Freizeitpark Patriot, „um in erster Linie mit den Vertretern unserer Streitkräfte zusammenzutreffen, um mich an sie und durch sie an unsere Armee, die Marine und alle Verteidiger des Vaterlandes zu wenden, damit sie die historische Bedeutung des gegenwärtigen Augenblicks erkennen: […] Unsere ganze Nation muss heute aufwachen, muss aufwachen und erkennen, dass eine besondere Zeit gekommen ist, eine Zeit, die das historische Schicksal unserer Nation bestimmen kann.“
Die Bedeutung der gegenwärtigen „nicht einfachen Zeit“ bestehe darin, sich einer „einzigen Macht, die sich leider der Stärke unseres Volkes entgegenstellt“ zu widersetzen, so wie Russland bereits in der Vergangenheit dem Faschismus das Genick gebrochen habe, „der ohne Russland, ohne die Leistung unseres Volkes zweifellos die Welt erobert hätte“. Unter dem kolossalen Einfluss dieser einzigen Macht stünde heute die Mehrheit der Länder der Welt, weshalb der Begriff der „Unabhängigkeit“ für die meisten Länder nicht zutreffe.
Russland habe als bescheidenes, „friedliebendes, leidgeprüftes Volk, das wie nur wenige europäische Nationen unter den Kriegen gelitten hat, […] keine Lust auf Kriege oder auf irgendetwas, das anderen schaden könnte. Aber wir sind durch unsere Geschichte dazu erzogen worden, unser Heimatland zu lieben und bereit zu sein, es zu verteidigen, wie nur Russen ihr Land verteidigen können.“ Zum Glück gebe es einen „nicht abreißenden Strom junger Menschen, die in die Streitkräfte eintreten, die Offiziere werden und ihr Leben der Verteidigung ihres Heimatlandes widmen wollen. Und wenn dies in Friedenszeiten durch einige Privilegien oder materielle Erwägungen erklärt werden kann, so ist der Armeedienst in Kriegszeiten eine echte Leistung.“
Gleichzeitig sorgt sich der Patriarch „um all die Menschen, die an den Orten leben, an denen heute militärische Konfrontationen ausgetragen werden. Schließlich sind dies alles Menschen und Völker der Heiligen Rus’, allesamt unsere Brüder und Schwestern. Doch so wie im Mittelalter verschiedene Kräfte versuchten, die Rus’ zu schwächen, indem sie die Brüder gegeneinander ausspielten und sie in interne Streitigkeiten stürzten, so ist es auch heute. Deshalb müssen wir alles tun, um das Blutvergießen zu stoppen und die Gefahr eines internen Krieges mit all seinen Folgen abzuwenden. Dabei müssen wir – und mit ‚wir‘ meine ich in erster Linie die Streitkräfte – unserem Eid und unserer Bereitschaft treu sein, ‚unser Leben hingeben für unsere Freunde‘, wie es das Wort Gottes bezeugt.“ Auch Präsident Vladimir Putin hatte den Vers am 18. März in seiner Rede zur Feier des achten Jahrestages der Krim-Annexion zitiert.
Am 3. April feierte der Patriarch auch den 53. Jahrestag seiner eigenen Mönchsweihe am 3. April 1969. Bei der Liturgie anwesend waren Vertreter des Verteidigungsministeriums der Russländischen Föderation und Armeeangehörige. Den liturgischen Chorgesang vollführte der orthodoxe Chor der Ingenieurtruppen der russländischen Streitkräfte.
Regula Zwahlen