Russland: Patriarch Kirill weiht Armeekathedrale
Am 14. Juni hat der russische Patriarch Kirill die Auferstehungskathedrale geweiht, die den russischen Streitkräften als Hauptkathedrale dienen wird. An den Weihefeierlichkeiten und der darauffolgenden Feier der Hl. Liturgie nahmen zahlreiche Armeevertreter teil, unter ihnen Verteidigungsminister Sergej Schojgu, auf dessen Initiative die Kathedrale entstanden war. Zudem waren Veteranen des Zweiten Weltkriegs eingeladen, denn die Kathedrale wurde zum 75-Jahr-Jubiläum von dessen Ende eröffnet. Auf dem Vorplatz standen Paradeeinheiten der verschiedenen Teile der Armee, außerdem waren verschiedene Regierungsvertreter anwesend und acht Bischöfe sowie mehrere Priester konzelebrierten mit Kirill.
Der Patriarch gedachte aller, die ihr Leben für den Glauben und das Vaterland gegeben haben und die im Zweiten Weltkrieg umgekommen sind. Er schenkte der Kathedrale die wundertätige Muttergottesikone von Kaplunovsk, zu der unter Zar Peter dem Großen die russischen Soldaten vor der siegreichen Schlacht bei Poltava gegen die Schweden 1709 gebetet hatten. Außerdem übergab er der Kirche seine persönliche Auferstehungsikone aus seiner Mönchszelle. Die Feierlichkeiten wurden von mehreren TV-Sendern und auf der Website der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) live übertragen.
In seiner Predigt hob Kirill die „riesige Bedeutung“ des Dienstes der Anwesenden am Vaterland „für unser ganzes Volk“ hervor, denn sie seien „unsere Beschützer“. Sie ermöglichten das „friedliche Leben des Volks“, indem sie es vor äußeren Feinden schützten. Er rief sie auf, die Größe ihrer Mission zu bedenken und ihrem Eid treu zu bleiben. Das ganze Volk und das ganze Land stünden hinter ihnen, während es die Pflicht der Kirche sei, für sie, ihre Angehörigen und das Vaterland zu beten. Er hoffe, dass „in solcher Harmonie der Streitkräfte und der geistlichen Kraft der Kirche, in Harmonie des Geistlichen und Materiellen, Staatlichen und Kirchlichen der historische Weg unseres Volks in Frieden und Wohlergehen verläuft“. Überraschend verkündete Patriarch Kirill seine Entscheidung, angesichts der „Rolle der Streitkräfte in unserem Leben“ selbst die Funktion des Vorstehers der Kathedrale zu übernehmen. Eigentlich hätte Bischof Stefan (Privalov) von Klin, der Leiter der Synodalabteilung für die Zusammenarbeit mit den Streitkräften, der Kathedrale vorstehen sollen.
Kurz vor der Eröffnung war die Armeekathedrale in die Schlagzeilen geraten, weil Bilder von für die Kathedrale gedachten Mosaiken veröffentlicht wurden. Darauf waren verschiedene Politiker zu sehen, darunter der russische Präsident Vladimir Putin und Verteidigungsminister Schojgu auf einem Mosaik zu Ehren der Annexion der Krim. Auf einem weiteren war Josef Stalin auf einem Banner bei der Siegesparade nach dem Zweiten Weltkrieg abgebildet. Die Mosaike hatten Kritik hervorgerufen, und auch innerhalb der ROK herrschte Uneinigkeit darüber, ob eine Abbildung des kommunistischen Anführers Stalin in einer Kirche zulässig sei. Putin sprach sich gegen eine Abbildung von sich selbst in einer Kirche aus. Schließlich wurden die Mosaike nicht in der Kathedrale angebracht.
Präsident Putin nahm entgegen früheren Plänen nicht an der Einweihung teil, sondern besuchte die Kathedrale gemeinsam mit Kirill am 22. Juni, dem Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs in Russland. In seiner Rede betonte Kirill, dass alles, was heute in Russland geschehe, in Vielem von den Entscheidungen des Präsidenten abhänge. Dasselbe gelte für die Armee, deren Oberkommandierender Putin ist. Deshalb beteten die Gläubigen für seine Gesundheit sowie geistigen und physischen Kräfte, damit er seinen „verantwortungsvollen Dienst an unserem Volk“ fortsetzen könne. Präsident Putin lobte die aktuelle Generation von Soldaten und Offizieren für ihre „Treue gegenüber Traditionen“ und die würdige Erfüllung ihrer Aufgaben. Die „Verteidigungsfähigkeit und Sicherheit“ Russlands seien somit gewährleistet.
Die Armeekathedrale liegt unweit von Moskau im Freizeitpark „Patriot“, der militärischen Themen gewidmet ist. Bereits am 14. Juni wurde dort eine Ausstellung über die Schutzpatrone der Streitkräfte eröffnet. Laut offiziellen Angaben wurden die enormen Baukosten mit Spenden finanziert, doch Gerüchten zufolge sollen die lokalen Moskauer Behörden bis zur Hälfte der Kosten übernommen haben. Die Kathedrale ist die drittgrößte in Russland, nach der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau und der Isaakskathedrale in St. Petersburg. Sie wurde innerhalb von weniger als zwei Jahren erbaut. Ihre Eröffnung war zum Jubiläum des Kriegsendes am 9. Mai geplant gewesen, musste jedoch aufgrund der Coronavirus-Pandemie verschoben werden. (NÖK)