Russland: Verhaftungen wegen Terrorvorwürfen
In Russland hat die Verhaftung von Denis Popovitsch und Nikita Ivankovitsch, zwei Absolventen des Geistlichen Seminars Sretenskij, einige Aufregung ausgelöst. Am 13. Februar wurde bekannt, dass die beiden jungen Männer aufgrund zweier Artikel des Strafgesetzes inhaftiert waren – Art. 222.1 über den illegalen Erwerb, Übergabe, Aufbewahrung, Transport oder das mit sich Tragen von Sprengstoffen oder Sprengsätzen und Art. 205 über einen versuchten Terrorakt. Popovitsch wurde schon am 13. Januar in Moskau auf der Straße wegen leichter Pöbelei verhaftet, er habe geschrien, mit den Händen gefuchtelt und geflucht. Zwei Tage später wurde er zu 15 Tagen Administrativhaft verurteilt. Nach Ablauf der Frist verurteilte ihn die gleiche Richterin zu weiteren 15 Tagen Haft. Statt dass Popovitsch nach der zweiten Strafe freigelassen wurde, wurde er in ein Untersuchungsgefängnis überführt und dort inhaftiert. Gleichentags, am 12. Februar, wurde auch Nikita Ivankovitsch, der mit Popovitsch im Seminar in der gleichen Klasse gewesen war und mit ihm befreundet ist, verhaftet. Er hatte Popovitsch ein Paket ins Gefängnis gebracht, danach gab es bei ihm eine Hausdurchsuchung, sein Mobiltelefon und Laptop wurden beschlagnahmt.
Denis Popovitsch ist ukrainischer Bürger. Nach dem Seminar hat er bis 2023 am Geistlichen Seminar von Pskov unterrichtet. Außerdem war er Sekretär von Metropolit Tichon (Schevkunov), der als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Vladimir Putin gilt. Bis 2023 war Tichon Metropolit von Pskov, dann wurde ihm die Leitung der Eparchie Krim übertragen. Nikita Ivankovitsch ist in Moskau geboren, aber ebenfalls Ukrainer. Der Theologe ist Absolvent des Seminars Sretenskij und der Aspirantur der Hl. Kirill und Method. Er ist Chorsänger und Altardiener in einer Moskauer Kirche sowie Subdiakon einiger Moskauer Vikarbischöfe.
Schon 2022 gab es wegen ihrer angeblich proukrainischen Haltung Denunziationen gegen die beiden jungen Männer. Diese Anschuldigungen wurden vom Telegram-Kanal Bischof Luzifer veröffentlicht, der Popovitsch als „Bandera-Schläfer in der Russischen Orthodoxen Kirche“ bezeichnete und forderte, die beiden zu bestrafen. Untermauert wurden die Vorwürfe mit Audioausschnitten und Fotos aus einem geschlossenen Gruppenchat, in dem die beiden Mitglied sind. Dabei versuchte Popovitsch offenbar, seinen Freunden zu erklären, was in der Ukraine passiert.
Die Journalistin und Orthodoxie-Expertin Ksenia Luchenko wundert sich, dass Metropolit Tichon die beiden Beschuldigten nicht geschützt hat. Zudem hinterfragt sie die Rolle des Telegram-Kanals Bischof Luzifer, ob er Materialien aus der Untersuchung veröffentlicht habe oder umgekehrt seine Veröffentlichungen die Untersuchung angeregt hätten. In der orthodoxen Blogsphäre kursierte zudem sogleich eine andere Version der Ereignisse. Laut der sei Popovitsch am 22. Januar wegen der Beteiligung an einer ukrainischen terroristischen Gruppierung verhaftet worden, also zu der Zeit, als er bereits inhaftiert war. Weiter wurde verbreitet, dass Popovitsch und Ivankovitsch vom Inlandgeheimdienst der Ukraine angeworben worden seien, um ein Attentat auf Metropolit Tichon zu verüben. Dazu hätten sie einen Sprengsatz in einer Saftverpackung in einem Moskauer Park vergraben, seien aber aufgeflogen und verhaftet worden. Für den Mord seien ihnen ukrainische Pässe versprochen worden. Luchenko weist darauf hin, dass Popovitsch bereits einen ukrainischen Pass habe, und dass dieser für junge Menschen in Moskau wenig interessant sei. Zudem sei es sehr unwahrscheinlich, dass Popovitsch einen Anschlag auf seinen einflussreichen Förderer verüben wollen würde, gab die orthodoxe Theologin und Bloggerin Natallia Vasilevich zu bedenken. (NÖK)