Zum Hauptinhalt springen

Vatikan: Kyjiws Großerzbischof überreichte dem Papst russischen Minensplitter

17. November 2022

Kyjiws Großerzbischof Svjatoslav Schevtschuk hat Papst Franziskus bei seinem Vatikan-Besuch am 7. November als Gastgeschenk den Splitter einer russischen Mine mitgebracht. Das Fragment einer Mine, die im März die Fassade einer Kirche in Irpin zerstört hatte, sei ein „sichtbares Zeichen für die Zerstörung und den Tod, den der Krieg jeden Tag bringt“, teilte das Oberhaupt der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche nach der Begegnung mit. Er habe Franziskus erzählt, was er bei seinen Besuchen in den vom Krieg am stärksten betroffenen Gebieten gesehen habe, und ihm den „Schrei des ukrainischen Volkes herangetragen“, sagte Schewtschuk.

In der direkt zwischen dem Ort Butscha und der Kyjiwer Stadtgrenze gelegenen Kleinstadt Irpin waren zu Beginn des russischen Angriffskrieges zwischen 200 und 300 Zivilisten getötet worden, nachdem sie teils vergewaltigt und gefoltert worden waren. Ende März wurde die Stadt - Schevtschuk bezeichnete sie als „eine der ersten Märtyrerstädte“ - von der ukrainischen Armee zurückerobert. Symbolisch sei sein Gastgeschenk insofern gewesen, „weil ähnliche Minenstücke aus den Körpern ukrainischer Soldaten, Zivilisten und Kinder geborgen wurden“, so der Großerzbischof.

Über sein Gespräch mit dem Papst berichtete Schewtschuk zudem, er habe gesagt, es könne keinen Dialog mit Russland geben, solange Moskau das Nachbarland, in das es einmarschiert ist, als Kolonie betrachtet, die es zu unterwerfen gilt. Alle bisherigen russischen Vorschläge für ein Friedensabkommen seien „Vorschläge zu einer kolonialen Befriedung“. Sie bedeuteten „die Verneinung der Existenz des ukrainischen Volkes, seiner Geschichte, seiner Kultur und sogar seiner Kirche. Sie negieren das Existenzrecht des ukrainischen Staates mit seiner Souveränität und territorialen Integrität, die von der internationalen Gemeinschaft anerkannt wird“, so Schewtschuk.

Weiters habe er dem Papst vom Dienst der katholischen Bischöfe, Priester, Mönche und Ordensfrauen in den derzeit von Russland besetzten Gebieten erzählt, sagte Schewtschuk. „Ich habe erklärt, dass jede unserer Basiliken, Kirchen und Klöster zu Zentren der Zuflucht, der Aufnahme und des humanitären Dienstes geworden ist“, so der Großerzbischof. Dem Papst sei auch der Pastoralplan der griechisch-katholischen Kirche für 2023 vorgelegt worden, der den Dienst an den Schwachen und Vertriebenen in den Mittelpunkt stelle.

Nach der Audienz berichtete das Oberhaupt der mit Rom unierten Kirche der Ukraine in einer Mitteilung, dass er dem Papst für alles gedankt habe, was kirchlicherseits bereits getan wurde, um den Krieg zu beenden, Frieden zu vermitteln und Geiseln sowie Gefangene zu befreien. Papst Franziskus habe seinerseits die Verbundenheit mit dem ukrainischen Volk zum Ausdruck gebracht und versichert, ihm „im Gebet und mit konkreten Taten“ zur Seite zu stehen. Die Kirche des kriegsgeplagten Landes habe er dazu ermuntert, weiterhin der Bevölkerung beizustehen, hieß es in einem anschließenden Statement.

Außer dem Papst begegnete Schewtschuk bei seinem Rom-Aufenthalt auch Leitern der Vatikanbehörden sowie Botschaftern beim Heiligen Stuhl, zudem war eine Teilnahme an einer Oberenkonferenz von Instituten geweihten Lebens geplant. Der Besuch des unierten Kirchenoberhaupts im Vatikan war seine erste Reise außerhalb der Ukraine seit der russischen Invasion im Februar. Er sagte, er ziehe es vor, in Kyjiw zu bleiben, um trotz der Bombardierungen und der Schwierigkeiten nahe bei den Menschen zu sein.

In seiner täglich versandten Videobotschaft in der Nacht auf den 8. November erinnerte Großerzbischof Schevtschuk daran, dass die Ukraine weiterhin von russischen Raketen und Bomben erschüttert werde. Am Tag zuvor, dem bereits 257. Kriegstag, habe es entlang der gesamten Frontlinie schwere Kämpfe gegeben, insbesondere in den Region Sumy, zudem gab es Raketenangriffe in Nikopol, Dnipropetrowsk und in der Hauptstadt Kyjiw. Alle Ukrainer seien vor der Möglichkeit von Notstrom-Ausfällen gewarnt worden. Dennoch sei das Land weiterhin standhaft im Kampf und Gebet, so das Kirchenoberhaupt. Auf die Begegnung mit Papst Franziskus ging Schevtschuk in seiner Videobotschaft nicht ein. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)