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Ukraine: Kirchen kritisieren das Dokument des Weltkonzils des Russischen Volkes als nazistisch

04. April 2024

Das Dokument „Gegenwart und Zukunft der Russischen Welt“ des Weltkonzils des Russischen Volkes ist in der Ukraine auf scharfe Kritik gestoßen. Der Ukrainische Rat der Kirchen und religiösen Organisationen verurteilte es „nachdrücklich und kategorisch“. Es folge den Narrativen und der Ideologie der Russischen Welt, die der Rat wiederholt verurteilt habe, und versuche sogar, den Angriffskrieg gegen die Ukraine öffentlich zu rechtfertigen, den es einen Heiligen Krieg nenne. Zudem verleugne es die Existenz des ukrainischen Volks und dessen Recht, in einem eigenen Staat zu leben. Aufgrund ihrer Mitarbeit im Weltkonzil und weil das Dokument auch auf den offiziellen Kanälen der Russischen Orthodoxe Kirche (ROK) publiziert wurde, trügen die Leitung der ROK und die Oberhäupter der anderen Religionsgemeinschaften die „volle moralische Verantwortung für den Inhalt dieses unmenschlichen Neonazi-Dokuments, das gänzlich der Wahrheit und den spirituellen und moralischen Auffassungen von Christentum, Islam und Judentum widerspricht“. Die Komplizenschaft mit dem Angreifer, wozu auch die öffentliche Rechtfertigung gehöre, sei ein „spirituelles Verbrechen“. Der Rat forderte daher, dass Patriarch Kirill und die Führung des Weltkonzils mit internationalen Sanktionen belegt werden.

Die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK), die bis im Mai 2022 Teil der ROK gewesen war, erklärte, sich von den im Dokument enthaltenen Ideen „zu distanzieren, sie kategorisch nicht zu teilen und zu verurteilen“. In ihrem Statement distanzierte sie sich auch ausdrücklich von der Ideologie der Russischen Welt, denn die Aufgabe der Kirche sei die Verkündung des Evangeliums, nicht die Bildung „geopolitischer und geospiritueller Konstruktionen“. Die UOK wiederholte ihre Unterstützung für den ukrainischen Staat und kritisierte, dass im Dokument die Verletzung der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Ukraine gefordert werde. Sogar die Sozialkonzeption der ROK selbst erlaube es ihren Geistlichen nicht, einen Staat in einem Bürger- oder Angriffskrieg zu unterstützen, und sehe den Widerstand gegen Propaganda für Krieg und Gewalt vor. Daher sollte „die ROK statt ideologischer Unterstützung und Rechtfertigung der kriegerischen Aggression und Intervention Russlands in der Ukraine ihre Stimme gegen diesen Eroberungskrieg erheben. Nach unserer Überzeugung sind Aufrufe zur Zerstörung der Ukraine und die Rechtfertigung der kriegerischen Aggression nicht mit der Lehre des Evangeliums vereinbar.“.

Metropolit Epifanij (Dumenko), das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU), bezeichnete die Ideologie der Russischen Welt auf Facebook „aus religiöser Sicht“ als „häretische Lehre und neuste Form des Götzendienstes“. Aus „weltlicher Sicht“ sei die Russische Welt „eine Form des Nazismus, die Angriffskrieg, Terror, Genozid und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigt“. Er sieht das Dokument als weiteren Anlass, Religionsgemeinschaften in der Ukraine zu verbieten, deren Zentrum sich in Russland befindet.

Auch unter russischen Geistlichen, die gegen den Krieg sind, rief das Dokument Ablehnung hervor. Kritisiert wird, dass es darin keine Bezüge zum Evangelium gibt. Die Widersprüche zur Sozialdoktrin der ROK werden ebenfalls hervorgehoben.

Zu den Mitgliedern des Weltkonzils zählen auch Bischöfe der ROK im Ausland, so Metropolit Innokentij (Vasiljev) von Vilnius und Metropolit Evgenij (Reschetnikov) von Tallinn. Letzterer musste Anfang 2024 Estland verlassen, weil seine Aufenthaltsbewilligung aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht verlängert worden war. Wegen des Dokuments des Weltkonzils zitierte das estnische Innenministerium die Bischöfe der ROK in Estland zur Klärung zu sich. Bischof Daniil (Lepisk) erklärte, dass es sich beim Weltkonzil um eine „russische NGO“ handle, deren Dokument „uns, unsere Tätigkeit und die Richtung unserer Tätigkeit keinesfalls betrifft“. Es gehe um Entscheidungen einer NGO in einem Nachbarland. Metropolit Innokentij erklärte seinen Austritt aus dem Weltkonzil. Aufgrund seiner „Antikriegshaltung“ sei er mit dem Inhalt des Dokuments nicht einverstanden, er sei auch nicht an dessen Verabschiedung beteiligt gewesen. Überhaupt sei seine Mitgliedschaft in den letzten 15 Jahren rein formal gewesen. Er betonte erneut, dass seine Kirche den Krieg gegen die Ukraine wiederholt und in jeder Form verurteilt habe. (NÖK)

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