Zum Hauptinhalt springen

Polen: Bischofskonferenz kritisiert „LGBT-Ideologie“

31. Juli 2019

Der Rat der Polnischen Bischofskonferenz für das Laien-Apostolat hat eine zunehmende Aggressivität von LGBT-Aktivisten und diese unterstützenden Journalisten beklagt, von der sich viele „gewöhnliche Menschen“ bedroht fühlten. In einer Erklärung „in Bezug auf die Aufdrängung der LGBT-Ideologie“ vom 5. Juli schreibt der Rat: „Die Kirche lehrt, dass jeder Mensch die unbedingte Pflicht hat, jeden Menschen zu achten. Das bezieht sich auch auf LGBT-Personen, aber das muss für beide Seiten gelten.“ Vermehrt würde Mitarbeitenden in Firmen und Schülern an den Schulen eine „LGBT-Ideologie“ aufgedrängt. Als wahrem „Laienapostel“ wird explizit „Herrn Tomasz“ gratuliert.

Tomasz K. hatte kurz zuvor seine Stelle bei Ikea verloren, weil er sich in einem Online-Forum der Firma über die Aufforderung zur Toleranz gegenüber LGBT empört und dies mit Bibelzitaten (Mt 18,6; Lev 20,13) untermauert hatte. Das Unternehmen kündigte ihm daraufhin aufgrund des Verstoßes gegen die Antidiskriminierungsrichtlinien. Der polnische Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro hat ein Ermittlungsverfahren gegen IKEA angeordnet, weil das schwedische Möbelhaus einen christlichen Mitarbeiter diskriminiert habe.

Am 3. Juli publizierte die Polnische Bischofskonferenz auch die polnische Übersetzung des am 10. Juni veröffentlichten Dokuments der Vatikanischen Bildungskongregation: „Als Mann und Frau erschuf er sie. Für einen Weg des Dialogs bei der Gender-Frage in der Schule“, das die „Gender-Ideologie, die den Unterschied von Mann und Frau leugnet“ kritisiert, den Dialog mit der wissenschaftlichen Gender-Forschung aber befürwortet, von der man hinsichtlich ungerechter Diskriminierung auch einiges lernen könne.

In einem Interview, das die katholische Wochenzeitung Niedziela am 16. Juli unter dem Titel „Man muss klar sagen: Es reicht!“ veröffentlichte, äußerte der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, ernsthafte Zweifel an der Möglichkeit des Dialogs und kritisierte die Intoleranz im Namen der Toleranz durch die LGBT-Szene: „Man kann mit Umfeldern keinen Dialog führen, die keinen Dialog wollen, auf Heiligtümern herumtrampeln, Gott verfluchen und den Menschen entrechten.“ Die feindselige Haltung gegenüber der Kirche und religiösen Werten habe in Polen ein unerträgliches Maß angenommen. Als Beispiele nannte er die Profanierungen wie diejenige der Regenbogen-Madonna, Gotteslästerungen wie die LGBT-Märsche, Eucharistie-Parodien, Aufrufe zu Hass gegenüber der Kirche und physische Attacken auf Heiligtümer und Geistliche. Gleichzeitig stehe die Kirche zu ihren Verfehlungen und habe konkrete Bemühungen zur innerlichen Reinigung unternommen, sowohl was ihr Handeln in der kommunistischen Vergangenheit als auch den Missbrauch durch Geistliche betreffe. Nicht nur in Polen würde die Frage des sexuellen Missbrauchs zu antikirchlichen Attacken ausgenützt, um ihr die moralische Autorität abzusprechen, obwohl sie die letzte Stimme in der Gesellschaft sei, „die keinen Kompromiss mit den gegenwärtigen demoralisierenden Strömungen eingeht“.

Die Regierungspartei PiS hat den Kampf gegen LGBT-Rechte zu einem der wichtigsten Wahlkampfthemen für die Parlamentswahlen im Herbst 2019 gemacht. Dabei werden in der polarisierten öffentlichen Debatte mehrere Themen miteinander verknüpft: die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs durch Geistliche, die Rechte der LGBT-Gemeinschaft, die geplante Einführung des WHO-Sexualaufklärungsstandards an den Schulen und die vermeintliche Verletzung religiöser Gefühle durch Künstler. Der Kirche wird dabei häufig vorgeworfen, durch die Kritik an LGBT-Rechten vom „Missbrauchsthema“ ablenken zu wollen. Während katholische Intellektuelle am 7. Mai einen offenen Brief an die Bischofskonferenz veröffentlicht hatten, in dem sie das Schweigen der Kirche zur Anwendung von Polizeigewalt gegen eine LGBT-Aktivistin anprangerten, verteilen Mitglieder der Aktion „Stop Pedofilii“ Broschüren über den Zusammenhang von Homosexualität, LGBT und Pädophilie.

Regula Zwahlen