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Polen: Erzbischof gegen europäische Gleichstellungs-Charta

20. Februar 2020
Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, sieht die Annahme der „Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ durch den Stadtrat seiner Bischofsstadt Poznań als eine Bedrohung für Familien an. Eine entsprechende Erklärung vom 14. Februar sollte am darauffolgenden Sonntag in den Kirchen des Erzbistums verlesen werden.

Die Charta greife nach Ansicht vieler Familien, Nichtregierungsorganisationen und Experten schwerwiegend in das verfassungsmäßige Recht der Eltern ein, ihre Kinder gemäß ihrer Überzeugung zu erziehen, so Gądecki. Sie stelle die grundlegende Rolle der Familie für die Gesellschaft infrage und beeinträchtige etwa die menschliche Sexualität. „Dieses Dokument schafft – abgesehen von der lobenswerten Sensibilität für das Problem der Ungleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Leben – praktisch den Anlass zur Förderung der Gender-Ideologie“, schreibt der Gądecki. Papst Franziskus kritisiere diese Ideologie als „eine der Hauptausprägungen des Bösen in der modernen Welt“.

Für die europäische Gleichstellungscharta hatten zwei Drittel der Stadträte der 540.000- Einwohner-Stadt gestimmt, die vom Rat der Gemeinden und Regionen Europas stammt. Der Rat erarbeitete sie 2005/06 gemeinsam mit nationalen Partnern, um Diskriminierungen vor allem aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Auch Benachteiligungen wegen Rasse, Religion und sexueller Ausrichtung sollen bekämpft werden.

In der Charta ist auch von „Gender Mainstreaming“ und „Gender Budgeting“ die Rede, wobei es um die Aufhebung der Ungleichheit zwischen Frauen und Männern bei der Bewertung aller geplanten Aktionen und der Haushaltspolitik geht. Die Charta will zudem der Tatsache entgegenwirken, dass die Betreuung von Kindern und anderen Familienmitgliedern hauptsächlich zulasten der Frauen geht und entsprechende Entlastungsangebote fördern. Die Gleichstellungscharta ist nicht mit der LGBT+-Charta der Stadt Warschau zu verwechseln und hat auch nichts mit den umstrittenen WHO-Sexualaufklärungsstandards zu tun, was Gądeckis Bezug auf die „Gender-Ideologie“ zu suggerieren scheint.

In Polen haben bislang nur zwei Provinzstädte die Charta verabschiedet. Europaweit unterzeichneten sie seit 2007 bereits knapp 1800 Gemeinden und Landkreise aus 35 Ländern. In Deutschland beschlossen sie mehr als 50 kommunale Parlamente.

Regula Zwahlen