Polen: Ergebnislose Gespräche über Neuorganisation des Religionsunterrichts
Zwei Gesprächsrunden des kirchlich-staatlichen Unterausschusses für Religion in der Schule hinsichtlich der vom Bildungsministerium angekündigten Änderungen im schulischen Religionsunterricht sind im November ergebnislos verlaufen. Am 28. November richteten die Kirchenvertreter im Unterausschuss aufgrund „fehlender Verständigung“ einen dringenden Appell an die Gemeinsame Kommission von Vertretern der polnischen Regierung und der Polnischen Bischofskonferenz. Darin erinnerten sie daran, dass die Regelung von Angelegenheiten, die die Organisation des Religionsunterrichts in Kindergärten und Schulen betreffen, durch das Bildungsministerium „im Einvernehmen mit den Behörden der katholischen Kirche und der Polnischen Autokephalen Orthodoxen Kirche sowie anderer Kirchen und religiöser Vereinigungen“ erfolgen muss (Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes über das Bildungssystem), was vom Verfassungsgericht in seinem Urteil vom 27. November 2024 bestätigt wurde. Offensichtlich war auch ein Kompromissvorschlag der Vertreter der Bischofskonferenz mit einer schrittweisen Reduzierung des Umfangs des Religionsunterrichts bei den Regierungsvertretern erfolglos, der die Arbeitsrechte der betroffenen Katechetinnen und Katecheten bewahren sollte. Demnach wäre die ab 1. September 2025 geplante Reduzierung auf eine statt zwei Stunden Religionsunterricht pro Woche von den Kirchenvertretern unter der Bedingung akzeptiert worden, dass der bisher freiwillige Religions- oder Ethikunterricht obligatorisch gemacht würde. Ein erstes Treffen hatte bereits am 7. November stattgefunden.
Bei den Reformen geht es um den Ausschluss der Religionsnote aus dem Notenschnitt, die Zusammenlegung mehrerer Jahrgänge bei zu wenigen Teilnehmenden pro Klasse und die Reduktion des Religions- oder Ethikunterrichts von zwei auf eine (Rand-)Stunde pro Woche. Dies hatte das Bildungsministerium Ende April angekündigt und Konsultationen mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften geplant, anstelle der im Bildungsgesetz vorgesehenen Gesprächsverfahren. Sowohl Bischof Wojciech Osial, Vorsitzender des Bildungsausschusses der Polnischen Bischofskonferenz, als auch Jerzy Samiec, Leitender Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, fanden insbesondere den klassenübergreifenden Religionsunterricht pädagogisch inakzeptabel.
Ende August reichten die katholische Kirche und die dem polnischen Ökumenischen Rat angeschlossenen Kirchen getrennte Petitionen ein, um die Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Bildungsministeriums zu prüfen. Am 27. November entschied das Verfassungsgericht, dass die Verordnung des Ministeriums im Widerspruch zum Gesetz über das Bildungssystem und zur Verfassung steht. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Bildungsministerin diesen Entscheid ignorieren wird, da die neue Regierung die unter der vormaligen rechtskonservativen Regierung erfolgte personelle Besetzung des Verfassungsgerichts für ungültig hält.
Der Religionsunterricht an den polnischen Schulen kann ab einer siebenköpfigen Unterrichtsgruppe einer Konfession von Lehrkräften ohne staatliche Aufsicht erteilt werden. Das Konkordat von 1993 verpflichtet die polnische Regierung zur Einführung katholischen Religionsunterrichts innerhalb des Stundenplans. Laut einer Erhebung des Statistik-Instituts der katholischen Kirche vom 30. August 2024 zeigen die Daten von 2018 bis 2023 einen Rückgang der Schülerbeteiligung am Religionsunterricht (um 7,7 Prozentpunkte). Der Prozentsatz der Teilnahme am Religionsunterricht variiert territorial – im Schuljahr 2022/2023 besuchten die wenigsten Schüler den Religionsunterricht in der Diözese Warschau (59,8 Prozent) und die meisten in der Diözese Przemyśl (96,5 Prozent).
Regula Zwahlen