Tschechien: Kirche will bekannten Heinrichsturm im Zentrum Prags verkaufen
Die Erzdiözese Prag bereitet sich zielstrebig auf das Jahr 2030 vor, ab dem die Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Tschechischen Republik für ihren Betrieb selbst aufkommen müssen. Gemäß dem nach langwierigen Staat-Kirche-Verhandlungen 2013 in Kraft getretenen Gesetz zu Entschädigungszahlungen an die Kirchen für die Enteignungen während der kommunistischen Zeit (1958–1989) reduziert der Staat in den kommenden Jahren schrittweise die noch aus der Zeit des Josefinismus stammende Bezahlung des geistlichen Personals und der bischöflichen Ordinariate. Danach müssen die Kirchen für diese Ausgaben, aber auch für das kirchliche Schulwesen und soziale Projekte selbst sorgen. Ein Kirchenbeitrag oder eine Kirchensteuer ist nicht vorgesehen.
Dies sei für die Kirche „eine große Aufgabe“ und die Situation erfordere „neue Lösungen, die auch innerhalb der Kirche mitunter Unbehagen hervorrufen“, so der Prager Erzbischof Jan Graubner. Man suche jedoch „Regelungen, die uns ermöglichen, den Menschen die Frohbotschaft weitere Jahrhunderte zu verkünden“. Der seit rund einem halben Jahr neu als Erzbischof amtierende Graubner hatte erst im September Aufsehen erregt, als er die bisherigen Finanzverantwortlichen seiner Erzdiözese absetzte und die finanziellen Agenden – nach dem Vorbild anderer Diözesen – dem Generalvikar übertrug.
Für Gesprächsstoff sorgt zudem der avisierte Verkauf des Heinrichsturms im Zentrum Prags. Der markante gotische Bau bildet mit der Heinrichskirche in der Prager Neustadt ein Ensemble, ist von dem Gotteshaus jedoch durch eine Straße getrennt ist und erbringt keinen geistlichen Nutzen. Das Interesse an dem Objekt sei groß und man gebe der Hauptstadt Prag bis zum Jahresende Zeit, ihrerseits ein Anbot zu erstellen. Kirchen und Friedhöfe könnten jedoch nicht verkauft werden, sondern nur anderen Eigentümern übergeben werden, erklärte Generalvikar Jan Balík dieser Tage bei einer Vorstellung der Strategie zur künftigen Kirchenfinanzierung.
Angelpunkt einer effektiven Wirtschaftsgebarung der Erzdiözese soll eine neu errichtete „Gruppe AP“ (Skupina AD, Arcidiecéze pražská) sein. In Zusammenarbeit mit renommierten Rechts- und Beratungsgesellschaften wurden ein gemeinnütziger Fonds, eine Holding und Stiftungen gegründet, die das Kircheneigentum in transparenter Weise verwalten, die Risiken maximal beschränken und nicht zuletzt die Solidarität in der Diözese berücksichtigen sollen.
Die Vorgangsweise sei vom Vatikan abgesegnet worden und man habe sie „als guten Weg auch den Kollegen aus den anderen Diözesen präsentiert“, sagte der auch als Vorsitzender der Tschechischen Bischofskonferenz amtierende Erzbischof Graubner. Er hatte von 1992 bis 2022 als Erzbischof von Olomouc Erfahrungen auch auf wirtschaftlichem Gebiet sammeln können.
Als ertragreichste Finanzierungsquellen in der Zukunft werden neben freiwilligen Geldspenden der Gläubigen die Erträge der kirchlichen Forste sowie aus Mietwohnungen angesehen. Hinzukommen fallweise Verpachtungen und finanzielle Investitionen. In der zweiten Jahreshälfte wurde ein Anfang mit der kompletten Renovierung eines Prager Zinshauses sowie der Errichtung neuer Wohnungen am Stadtrand gesetzt. Unter der Marke „XPlace“ wird das Konzept von „Mietwohnungen für das ganze Leben“ verfolgt, heißt es in einer Aussendung der Erzdiözese Prag. Die Kirche wolle „als solider Investor langfristige und faire Beziehungen mit den Mietern aufbauen“. Die Marke „XPlace“ bezieht sich auf die griechischen Christusinitialen (Chi und Ro). (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)