Tschechien: Kirchenkommission beklagt Armut in Grenzregionen
Der Prager Weihbischof Václav Malý hat als Vorsitzender der bischöflichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden („Iustitia et Pax“) ein Dokument herausgegeben, das auf die oft übersehenen Probleme in den Grenzregionen des Landes hinweist. Viele Grenzregionen, die vormals von Deutschen besiedelt waren, litten weiterhin unter Armut und entfernten sich vom aufstrebenden Rest der Tschechischen Republik, aber auch von den ärmeren Regionen Europas, heißt es darin. Trotz Förderungsmitteln gebe es nach jüngsten Eurostat-Erhebungen in der Europäischen Union nur drei Regionen, deren Wirtschaft sich langsamer entwickelt als jene im Norden Tschechiens.
Die schlechteren Lebensbedingungen zeigen sich konkret in einem hohen Ausmaß an Arbeitslosigkeit, Armut, schlechtem Zugang zur Gesundheitsfürsorge, in Defiziten im Schulwesen, im öffentlichen Verkehr und überhaupt in den staatlichen Einrichtungen, so Malý. Die „Schuld an der unerfreulichen Lage in den ehemaligen Sudeten“ könne aber nicht einfach der „komplizierten Geschichte im vergangenen Jahrhundert“ angelastet werden, sondern liege nach soziologischen Befunden auch an der „generellen Ausrichtung des tschechischen Bildungs- und Sozialsystems, das die Unterschiede zwischen Menschen und Regionen verstärkt“.
Die Grenzgebiete seien ein „Spiegel des nicht funktionierenden Staats und Opfer des nicht solidarischen und populistischen Verhaltens einiger politischer und unternehmerischer Gruppierungen“, stellt Iustitia et Pax fest. Die Kinder von Eltern mit Grundausbildung oder Lehrbrief schwankten „beständig zwischen nicht abgeschlossener Grundschule und Lehrling“ und diejenigen, denen es gelingt, auszubrechen, ziehe es in die „entwickelteren Regionen, in denen sie dann auch bleiben“. Umgekehrt würden in die Grenzgebiete schlechter ausgebildete und auf Sozialabgaben angewiesene Menschen ziehen, deren „Verschuldung das Familienleben belastet, zum Zerfall der Familien führt und eine hohe Scheidungsrate nach sich zieht“. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und funktionierender Infrastruktur halte wiederum Firmen von der Ansiedlung in den Grenzgebieten ab.
Als eine Lösung der drängenden Fragen verweist das Papier unter anderem auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die in den sogenannten Euroregionen gefördert wird. Durch sie würden das „gemeinsame Regionalbewusstsein gefördert, das innere Potenzial der lokalen Bevölkerung mobilisiert, attraktive Chancen in peripheren Regionen aufgespürt und nicht zuletzt die Fähigkeit zu gemeinsamer Planung mit mittelfristigem Horizont unterstützt“.
Ein wichtiger Schritt sei dabei die Bildung im Vorschulalter, durch die die „unselige Korrelation zwischen dem niedrigen Bildungsgrad der Eltern und ihrer Kinder“ beseitigt werden könne. Es gebe in den Grenzgebieten „schon eine große Zahl an künstlerischen Grundschulen, Programmen der außerschulischen Weiterbildung, karitativen, Pfarr- oder Gemeindezentren und Vereinigungen“. Die dort Engagierten müssten aber oft „eine Menge innerer Energie aufwenden, um ihre Arbeit angesichts des geringen Interesses und der Gleichgültigkeit der Mehrheitsbevölkerung fortzusetzen“. Eine Stütze sei dabei vielen die „Jahrhunderte alte christliche kulturelle und geistliche Tradition, mit der sich oft auch jene identifizieren, die erst in den letzten Jahrzehnten zugewandert sind“.
Es liege im Interesse aller, so Bischof Malý, wenn „die lokal aktiven und sich aufopfernden Menschen nicht ausbrennen, sondern vielmehr maximale Unterstützung erhalten“. Denn die Gegenwart von Menschen, die sich für andere einsetzen, inspiriere nicht nur andere Nachfolger, sondern stärke auch „das Vertrauen unter den Menschen vor Ort und letztlich der ganzen Gesellschaft“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)