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Tschechien: Kritik an geplanter Besteuerung der Kirchenrestitution

14. Juni 2018
Die Kirchen und Glaubensgemeinschaften in Tschechien wollen gegen die von der künftigen Regierung angestrebte Besteuerung der staatlichen Entschädigungszahlungen vorgehen. Sie sehen die Initiative der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM), die davon die Duldung des neuen Mitte-Rechts-Kabinetts abhängig macht, als verfassungswidrig an. "Dieses Vorgehen ist nicht legitim", sagte der Generalsekretär des Weltkirchenrates (ÖRK), Petr Jan Vinš, der Zeitung Pravo (Dienstag). Man werde sich "mit allen Mitteln" wehren.

Ähnlich äußerten sich Vertreter der katholischen Kirche, der der größte Anteil der sogenannten Restitutionszahlungen zusteht. Der Sekretär der Bischofskonferenz, Stanislav Přibyl, sagte, man werde sich im Ernstfall an das Verfassungsgericht wenden. Der Pilsener Bischof Tomáš Holub, der die katholische Kirche bei den langwierigen Restitutionsverhandlungen mit dem Staat vertreten hatte, wies Behauptungen des geschäftsführenden Regierungschefs Andrej Babiš zurück, wonach der Wert des früheren Eigentums der Kirchen zu hoch angesetzt worden sei. "Die Dokumente der Verhandlungen sind im Internet einsehbar und zeugen vom Gegenteil", so Holub.

Tschechische Zeitungen warnten Anfang Juni in Kommentaren vor einem neuerlichen Aufschnüren des nur mühsam erzielten Kompromisses. Lidové noviny schrieb: "Babiš braucht die Steuer nicht. Er braucht das Vertrauen für seine Regierung. Frustrierend ist, dass ihm sein zynisches Manöver bei den Wählern nicht mal schaden wird - im Gegenteil."

Die Zeitung Hospodářské noviny kommentierte: "Die Kommunisten haben den Hass auf die Kirchen in ihren Genen. Sie haben einst die Kirchen bestohlen und sind bis heute stolz darauf." Die angestrebte Besteuerung dürfte dem Blatt zufolge vor dem Verfassungsgericht nicht durchgehen. Das Gesetz über die Rückgabe stehe seit 2013 und könne nicht rückwirkend gekippt werden. Allerdings heiße die schweigende Mehrheit der Tschechen das Vorgehen gut. "Wenn es ums Geld geht, dann würde sogar die Dornenkrone von Jesus besteuert."

Die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Tschechien haben die Rückgabe von rund 100'000 Immobilien, Grundstücken oder sonstigen Kirchengütern angemeldet, die in kommunistischer Zeit verstaatlicht worden waren. Insgesamt hat sich der Staat verpflichtet, den Kirchen 56 Prozent der einst konfiszierten Gebäude, Wälder und Grundstücke zurückgeben.

Zusätzlich sollen 59 Mia. Kronen (2,3 Mia. Euro) über einen Zeitraum von 30 Jahren an die Kirchen ausgezahlt werden. Inflationsbereinigt müsste der Staat insgesamt rund 80 Mia. Kronen (3,1 Mia. Euro) an die Kirchen zahlen. Gleichzeitig sollen die derzeit üblichen Staatssubventionen für die Kirchen zurückgefahren werden. Bislang bezahlte der Staat unter anderem die Gehälter kirchlicher Würdenträger.

Das seit Jahren umkämpfte Gesetz ist bereits seit längerem in Kraft und wurde vom obersten tschechischen Gericht geprüft und gebilligt. Dennoch sorgt es nach wie vor für Streit zwischen den Parteien. (© 2016 KNA. Alle Rechte vorbehalten.)