Ungarn: Bischof: Nicht entscheidend, wer den Ukraine-Krieg anfing
Eine wenig differenzierende Haltung gegenüber dem Ukraine-Krieg hat ein ungarischer Diözesanbischof bekundet. Es gelte, aktuell nicht zu fragen, „wer hat begonnen“, sondern um einen schnellstmöglichen Friedensschluss, sagte der Bischof von Székesfehérvár, Antal Spányi, in einem am 26. Novmeber veröffentlichten Interview der Tageszeitung Nepszava. „Bei den raufenden Kindern muss man auch nicht fragen, wer die erste Ohrfeige verpasst hat. Der Punkt ist, dass es keine Kämpfe geben sollte“, befand der Bischof.
Sein Zugang zum Ukraine-Krieg sei nicht politisch, sondern moralisch, erklärte Spányi. Die Kirche lehre in dieser Frage die „Verurteilung des Krieges“ und bete für den Frieden. Friede müsse gestiftet werden, „sonst geht die ganze Welt kaputt“, so der Bischof. Schon jetzt gäbe es auf den Seiten der Ukraine wie auch Russlands „riesige Verluste“, denn „jede Seite zerstört die andere, erleidet enorme Verluste, während die Welt auf eine schwere Krise zusteuert. Als Raketen in Polen einschlugen, waren wir nur noch eine Haaresbreite von einem noch größeren Krieg entfernt.“ Der Krieg wäre zudem „vermeidbar“ gewesen, befand der 72-jährige Kirchenmann, der seit 2003 die Diözese Székesfehérvár leitet und zudem auch Caritas-Präsident und Geschäftsführer des Ungarischen Katholischen Rundfunks ist.
Als geeignete Formen der Unterstützung für die Ukraine nannte der Bischof die Unterbringung von Flüchtlingen, die auch in den Einrichtungen seiner Diözese geschehe, sowie auch finanzielle Hilfen. „Aber indem wir der Ukraine Waffen liefern, halten wir den Krieg nur weiter am Laufen, was meiner Ansicht nach falsch ist“, so Spányi. Selbst wenn durch die Verweigerung von Waffenunterstützung Russland zu einem Sieg verholfen würde, wie vonseiten der Tageszeitung Nepszava eingeworfen wurde, gelte für ihn: „Das Allerwichtigste der Friede.“ Der Bischof verwies zudem auf Papst Franziskus, der ebenfalls darum bitte, „dass sie sich zusammensetzen und verhandeln“.
Die Äußerung hat kritische Reaktionen hervorgerufen. Die in Graz lehrende Theologin Rita Perintfalvi, selbst aus Ungarn stämmig, hielt im Nachrichtenmagazin Mandiner Bischof Spányi vor, schon die Idee sei schamlos, dass es nicht darauf ankomme, wer wen angegriffen habe. „Herr Bischof, wie können Sie es wagen, sich als Christ zu bezeichnen? Und vor allem, wie können Sie es wagen, den Namen von Papst Franziskus zu benutzen?“, fragte Perintfalvi. Auffällig sei auch, dass Spányi sich nie zu anderen relevanten Politthemen wie etwa der Novellierung des Sozialgesetzes, der Flüchtlingskrise oder den aktuellen Lehrerproteste geäußert habe, sehr wohl aber zum Krieg – wobei der Bischof „auf opportunistische Weise“ dem Narrativ der politischen Führung Ungarns folge, so die Theologin. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)