Ungarn: Lutheraner wählen János Szemerei zum leitenden Bischof
Die Synode der Evangelisch-lutherischen Kirche in Ungarn hat János Szemerei, seit 2011 Bischof der Westlichen (Transdanubischen) Kirchenregion, zum neuen Leitenden Bischof gewählt. Der 61-jährige Szemerei übernimmt das Amt von Tamás Fabiny, der sich nach Erreichen des Pensionsalters von 65 Jahren nicht für eine weitere Amtszeit zur Wahl stellte.
Fabiny, der gelegentlich auch kritische Töne gegenüber der Regierung anschlug, leitete die evangelisch-lutherische Kirche seit 2017. Als Bischof äußerte er sich häufiger zu gesellschaftspolitischen Themen als andere Kirchenspitzen in Ungarn. Unter anderem bat er um Verzeihung bei Opfern sexuellen Missbrauchs in Kinderheimen, ermahnte einen Pfarrer, der behauptet hatte, der Holocaust sei eine Folge des Verrats der Juden an Jesus, und verurteilte Korruption mit den Worten: „Ein Politiker, der sich als Christ bezeichnet, darf erst recht nicht stehlen oder unterschlagen.“ Seit 2010 ist Fabiny auch Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes für Mittel- und Osteuropa.
Die evangelisch-lutherische Kirche ist laut Mitgliederzahlen die drittgrößte Kirche in Ungarn, nach der katholischen und der evangelisch-reformierten Kirche. Letztere ist durch die Auswirkungen des sogenannten „Amnestie-Skandals“ tief gespalten, der im Februar 2024 auch Staatspräsidentin Katalin Novák ihr Amt kostete. Novák war vom damaligen Leitenden Bischof der Reformierten, dem früheren Fidesz-Minister Zoltán Balog, geraten worden, einen Mann zu begnadigen, der wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen verurteilt worden war. Balog ist weiterhin Bischof der reformierten Diözese Dunamellék, von der Präsidentschaft der reformierten Synode trat er aber zurück.
Unter der Schirmherrschaft seines Nachfolgers als Leitender Bischof der Reformierten Kirche, József Steinbach, findet im Januar eine von jungen reformierten Theologen vorbereitete Konferenz zur Erneuerung der Kirche statt. Dabei sollen laut Ankündigung Themen wie die „Auswirkungen der Verflechtung von Kirche und Politik“ und der Umgang mit Fehlverhalten von Kirchenspitzen diskutiert werden. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)