Bosnien-Herzegowina: Bischöfe hoffen auf "Neuanfang in Chaos-Zeiten"
Die katholischen Bischöfe von Bosnien-Herzegowina hoffen auf einen kommenden "Neuanfang" durch die Wahlen in Bosnien-Herzegowina im "mehr oder weniger kontrollierten Chaos", das die Menschen erschöpfe und Ergebnis des Dayton-Friedensabkommens sei. Mit Blick auf die Gesamtstaats-Wahlen am kommenden Sonntag, 7. Oktober, verbreiteten sie dieser Tage eine entsprechende Erklärung der Bischöflichen Kommission "Iustitia et pax". Die Hoffnung der Bischöfe bezieht sich auch darauf, dass sich nach den Wahlen die Chancen auf einen EU-Beitritt verbessern.
In der verbreiteten Erklärung wird ein Kriterienkatalog für die Wähler benannt. Vom christlichen Standpunkt aus wählbar seien Kandidaten bzw. Parteien, die das Recht jedes Vertriebenen auf die eigene Heimat, das Recht auf eigene Identität und eine staatliche Ordnung, in der jeder Mensch in jedem Teil des Landes seine Menschenrechte und Religionsfreiheit hat, betonten. Weitere Kriterien seien unter anderem Gewährung gleicher Rechte für die Staatsnationen in allen Landesteilen, wobei diese mit jeweils den anderen zwei Völkern geteilt werden müsse, das Verbot der Verbreitung von Intoleranz, Extremismus, Majorisierung und Ausschließung sowie die Förderung der Vergebung, Versöhnung, des Vertrauens, der Solidarität und des gemeinsamen Lebens.
Die Mitteilung der Kommission endet mit den Worten: "Ihre menschliche und christliche Würde soll nicht erlauben, dass Sie sich manipulieren lassen. Holen Sie daher gute Kenntnis ein, wer die Kandidaten und Parteien sind, die Ihr Vertrauen und Ihre Stimme verdienen."
Die Wahlen stehen auch im Zeichen einer massiven russischen Einmischung. Russlands Präsident Vladimir Putin traf am Wochenende den Präsidenten der serbischen Teilrepublik (Republika Srpska/RS) innerhalb des Gesamtstaats und Führer der Partei SNDS (Savez Nezavisnih Socijaldemokrata), Milorad Dodik, in Sotschi. Dodik verkündete nach seiner Rückkehr weitere große russische Investitionen in seinem Landesteil. Zuvor war in Banja Luka vom örtlichen orthodoxen Bischof Jefrem Milutinović ein großes russisches Kulturzentrum eingeweiht worden.
Wahlhilfe erhielt Dodik, dessen Ziel die vollkomene Unabhängigkeit seiner Teilrepublik ist, auch von Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Dodik hatte am 24. September in Wien an einem FPÖ-nahen Wirtschaftsforum teilgenommen und war dabei von Strache für seine Politik gelobt worden.
Die bosnischen Kroaten wiederum stehen unter Protektion der Regierung in Zagreb. Über das Mutterland Kroatien fühlen sie sich als Mitglieder der Europäischen Union und der NATO, und fast alle haben mittlerweile neben der bosnischen auch eine kroatische Staatsbürgerschaft. Wenn sie ihre Rechte in Bosnien als eingeschränkt empfinden, wird das von Zagreb thematisiert. Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hatte mehrfach in Brüssel und Washington für die bosnischen Kroaten lobbyiert. Die muslimischen Bosniaken wiederum empfinden die islamische Türkei als ihre Schutzmacht und haben enge Kontakte zur Regierung in Ankara.
Auch die Religionsgemeinschaften erhalten ausländische Hilfe. An der Anzahl der orthodoxen und katholischen Kirchen und Moscheen in Bosnien erkennt man sofort, wo die Einflusssphäre Russlands, der Türkei oder des Westens liegen. Bosnien-Herzegowina ist, wie der übrige Westbalkan (Serbien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Albanien) von ungelösten ethnischen Konflikten oder einem Mangel an demokratischen Kompetenzen gekennzeichnet. Der Westbalkan steht deshalb im Fokus der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Gleichzeitig gibt es immer wieder Warnungen, dass je länger von einer "europäischen Perspektive" dieser Staaten lediglich gesprochen wird, eine tatsächliche EU-Mitgliedschaft immer unwahrscheinlicher und der Einfluss Russlands, Chinas, der Türkei und der Golfstaaten immer größer wird. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)