Serbien: Patriarch segnet Präsident vor Abstimmung über UN-Resolution zu Srebrenica
Der serbische Patriarch Porfirije hat am 20. Mai 2024 einen Bittgottesdienst geleitet, an dem auch der serbische Präsident Aleksandar Vučić vor seiner Abreise nach New York teilnahm. Dort wollte Vučić sich an einer Sitzung der UN-Vollversammlung gegen die Annahme einer Resolution zum Genozid in Srebrenica einsetzen. Dazu segnete ihn der Patriarch und betete in seiner Rede dafür, dass Gott „Euch Kraft, Weisheit und Entschlossenheit gibt, um würdig und mit Argumenten auf die bestmögliche Weise unser Volk zu vertreten und die Wahrheit zu bezeugen, dass alle Kriegsopfer in dieser Region der Würdigung und Erinnerung durch Gebete gleich würdig sind“.
In seiner Rede kritisierte Patriarch Porfirije den Entwurf für die Resolution, wie er es schon in seiner Osterbotschaft getan hatte. Dabei betonte er in erster Linie das Leiden des serbischen Volks im 20. Jahrhundert, das „mehrfach“ Opfer von Genozid und ethnischen Säuberungen geworden sei. An der Resolution bemängelte er vor allem, dass die Serben als Täter dargestellt würden. Das sei eine „absolute Unwahrheit“ und der Versuch eines „beispiellosen Geschichtsrevisionismus“, der in einer „einfachen Umkehrung“ das serbische Volk vom Opfer zum Täter machen wolle.
Die Resolution wurde am 23. Mai von der UN-Vollversammlung mit 84 Stimmen angenommen, 19 Staaten stimmten dagegen, 68 enthielten sich ihrer Stimme. Entsprechend der Resolution wird der 11. Juli als Internationaler Tag des Gedenkens für den Genozid in Srebrenica 1995 eingeführt. Zudem verurteilt die UNO damit bedingungslos jegliche Leugnung des Genozids von Srebrenica und ruft ihre Mitglieder dazu auf, die festgestellten Fakten zum Genozid in ihrem Schulwesen zu vermitteln. Zudem wird jegliche Glorifizierung aller, die von internationalen Gerichten für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid verurteilt wurden, entschieden verurteilt.
Vorgeschlagen wurde die Resolution von Deutschland und Ruanda, weitere Staaten schlossen sich dem Vorschlag an. Für die Überlebenden des Genozids von Srebrenica und die Angehörigen der Opfer ist die Resolution ein wichtiger Schritt. Widerstand gegen die Resolution kam vor allem aus Serbien und der Republika Srpska, der serbischen Entität von Bosnien-Herzegowina. Deren Präsident Milorad Dodik warf dem Westen vor, die Republika Srpska „fertigmachen“ zu wollen und alle Serben zu dämonisieren. Die Resolution beschuldigt jedoch weder die Republika Srpska noch Serbien oder die Serben, sondern nur einzelne Verantwortliche, die für ihre Beteiligung am Genozid verurteilt wurden.
Zur Segnung durch den Patriarchen gab es in Serbien auch kritische Stimmen. Da Serbien ein säkularer Staat sei, könne der Präsident nur als Privatperson in die Kirche gehen, nicht aber in seiner Funktion als Präsident. Außerdem werde so das Bild vermittelt, dass die mächtigste Person im Land nicht der Präsident, sondern der Patriarch sei. Vučić informiert, wie seine Vorgänger auch, den Patriarchen regelmäßig über zentrale politische Fragen und berät sich mit ihm. Vučić wird vorgeworfen, sich mit seinen Kirchenbesuchen inszenieren zu wollen, aktuell vor allem mit Blick auf die Belgrader Kommunalwahlen am 2. Juni. Denn in Meinungsumfragen vertrauen die Bürgerinnen und Bürger Serbiens der SOK mehr als den meisten anderen Institutionen.
Vučić hatte auch die Bischofsversammlung der SOK, die vom 14. bis 18. Mai in Belgrad stattfand und an der alle Bischöfe teilnehmen, eingeladen und getroffen. An der Versammlung war laut Kommuniqué wie so oft Kosovo eines der zentralen Themen. Dies umso mehr, als die kosovarischen Behörden dem serbischen Patriarchen und mehreren Bischöfen die Einreise verwehrt hatten, als diese die Eröffnung der Versammlung in der Patriarchenkirche von Peć feiern wollten. Dazu veröffentlichten die Bischöfe sowie der Patriarch je ein eigenes Statement. Auf praktischer Ebene entschied die Bischofsversammlung, im Ausland neue Eparchien zu bilden. Die bisherige britisch-skandinavische Eparchie wurde geteilt, ebenso die bisherige österreichisch-schweizerische. Die neue Eparchie Österreich mit Sitz in Wien wird bis auf weiteres von Bischof Irinej (Bulović) von Bačka verwaltet, während der bisherige Bischof Andrej (Čilerdžić) die Eparchie Schweiz mit Sitz in Zürich leiten wird. (NÖK)