Serbien: Erster orthodoxer Bischof an Covid-19 gestorben
In der Nacht auf den 30. März ist Bischof Milutin (Knežević) von Valjevo in einem Belgrader Spital am Coronavirus gestorben. Der 71-Jährige ist der erste orthodoxe Bischof, der der neuen Infektionskrankheit erlegen ist. Auch ein Priester und ein Diakon der Eparchie Valjevo wurden positiv auf das Virus getestet. Am 1. April fand in der Auferstehungskathedrale in Valjevo die Trauerfeier für Milutin statt. Geleitet wurde der Gottesdienst von Bischof Stefan (Šarić), dem Vikar des serbischen Patriarchen, anwesend war aufgrund der Umstände nur eine kleine Zahl von Mönchen und Geistlichen.
Am 28. März informierte der Hl. Synod der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) die Geistlichen, dass sich die Kirche an die staatlichen Empfehlungen, Gottesdienste in Kirchen sowie unter freiem Himmel ohne Gläubige durchzuführen, halten wolle. Sie werde aber nicht aufhören, Gottesdienste zu feiern und die Kommunion zu spenden. In der Mitteilung wurde betont, dass die Kommunion kein Risiko darstelle. Trotzdem rief der Hl. Synod die Gläubigen dazu auf, Gottesdienste am Fernsehen, Radio oder im Internet zu verfolgen und sich mit ihrem Priester zu verabreden, um die Kommunion bei sich zuhause zu empfangen. Taufen sollten verschoben werden, bis sich die Situation beruhigt. Beerdigungen dürfen zwar noch durchgeführt werden, aber mit möglichst wenig Anwesenden. Abschließend rief der Hl. Synod alle Geistlichen und Gläubigen auf, sich an die staatlichen Regelungen zu halten.
Wie in anderen Staaten war die orthodoxe Kirche auch in Serbien in die Kritik geraten, weil sie an der Praxis festhielt, die Kommunion allen Gläubigen mit dem gleichen Löffel zu spenden. Gegen die Vorwürfe wehrte sich der Hl. Synod am 23. März in einem Statement. Er erklärte, die SOK habe sich an dem vorangegangenen Sonntag an die geltenden Vorsichtsmaßnahmen gehalten, und der Staat könne im Übrigen keinen Einfluss auf den Inhalt und die Form der Liturgie nehmen. Die Kritiker der Kommunionspendung mit dem Löffel bezeichnete der Hl. Synod als „bekannte antikirchliche und antiserbische Kreise“. „Unverständlich und äußerst böswillig“ sei die Erwartung von Leuten, die selbst nicht in die Kirche gehen, dass die Kirche ihren Gläubigen das „Allerwichtigste und Allerheiligste“ vorenthalten würde.
Vukašin Milićević, ein Priester der SOK und Dozent an der Orthodoxen Theologischen Fakultät von Belgrad, ist anderer Meinung. In der Fernsehsendung „Eindruck der Woche“ sagte er, man sollte die Kommunion den Gläubigen nicht mit dem gleichen Löffel geben. Außerdem werde die Kommunion nicht „seit 2000 Jahren“ mit dem Löffel verteilt, wie es in einem der Statements des Hl. Synods hieß. Er gab auch zu bedenken, dass es schwierig sei, die Geistlichen für die Kommunion zuhause zu organisieren. Dafür wurde er vom Hl. Synod in einem Brief abgemahnt und es wurde ihm verboten, sich öffentlich zu äußern. Zudem wird er sich vor einem Kirchengericht verantworten müssen. Im Brief nimmt der Hl. Synod nicht explizit auf seine Aussagen in der Fernsehsendung Bezug, sondern führt seinen wiederholten Ungehorsam als Grund an. Milićević gehörte 2017 auch zu den Unterzeichnern einer Petition von Dozenten der Theologischen Fakultät, die die Forderung, die Evolutionstheorie an den Schulen lediglich als eine Theorie zu vermitteln, scharf kritisierten. Zwei andere Unterzeichner der Petition, Bischof Maksim (Vasiljević) von Westamerika und Dr. Marko Vilotić, haben ihre Posten an der Theologischen Fakultät bereits verloren. Zur Unterstützung von Milićević haben Studierende der Theologischen Fakultät eine Petition lanciert, in der sie die Universitätsleitung aufrufen, die Gedanken- und Meinungsfreiheit sowie die Unabhängigkeit der Universität zu schützen.
Die SOK engagiert sich angesichts der schwierigen Lage karitativ. So hat die Eparchie Zahumlje und Herzegowina dem Krankenhaus in Trebinje 50’000 KM gespendet, damit dieses medizinische Ausrüstung für den Kampf gegen die Pandemie kaufen kann. Zudem hat das Kloster von Tvrdoš in der Nähe von Trebinje dem Spital 13’000 Euro für den Kauf eines Beatmungsgeräts gespendet. Das geistliche Seminar von Sremski Karlovci hat außerdem dem örtlichen Roten Kreuz fast eine Tonne Lebensmittel geschenkt.
Serbien hat angesichts der Pandemie China um Hilfe gebeten, wie der serbische Präsident Aleksandar Vučić am 15. März an einer Pressekonferenz erklärte. Grund dafür sei, dass die EU keine medizinische Schutzausrüstung mehr in Nicht-EU-Staaten exportiere. Er habe in einem Brief den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, seinen „Freund“ und „Bruder“ gebeten, „alles“ nach Serbien zu schicken, auch Ärzte. Zu den geltenden Notstandsmaßnahmen in Serbien gehört ein Einreiseverbot für alle Ausländer, außer Diplomaten, Personen mit Aufenthaltsbewilligung sowie chinesische Bürger. Kindergärten, Schulen und Fakultäten sind bis auf weiteres geschlossen, Schüler werden über die öffentlich-rechtlichen Medien und online unterrichtet, Arbeitgeber sollen möglichst vielen Angestellten Home-Office ermöglichen. Die Einwohner sind aufgerufen, so viel wie möglich zuhause zu bleiben, während Personen über 65 das Haus gar nicht verlassen dürfen. Zusätzlich wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, die von der Polizei durchgesetzt wird. (NÖK)
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