Slowenien: Kirche in Slowenien warnt vor Freigabe des assistierten Suizids
Die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (Iupax) der Slowenischen Bischofskonferenz hat die kirchliche Position zum Thema Suizidbeihilfe bekräftigt und warnt vor einer Freigabe des assistierten Suizids. Es bestehe die Gefahr, „dass die Kultur der Wertschätzung des menschlichen Lebens radikal verändert wird“, heißt es in einer aktuellen Erklärung. Darin wird der Vorrang von Sterbebegleitung vor Sterbehilfe betont. Ausdrücklich warnt die Kommission, dass bei einer Freigabe des assistierten Suizids der Druck auf ältere, kranke und schutzbedürftige Menschen wachse und sich diese quasi verpflichtet fühlen könnten, ihr Leben vorzeitig zu beenden. Auch ein ausgeklügeltes Gesetz zur Suizidbeihilfe könne zudem einen möglichen Missbrauch der Regelungen nicht völlig verhindern.
Hintergrund der am 10. Mai in Ljubljana veröffentlichten Erklärung ist ein von einer NGO forcierter Vorschlag für ein „Gesetz zur Beihilfe beim freiwilligen Lebensende“. Es sieht im Kern für Personen über 18 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu einem Antrag auf Suizidbeihilfe vor. Unter anderem soll eine eigene Kommission die Anträge prüfen und etwa auch ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werden. Für den Gesetzesentwurf werden in diesen Wochen Unterstützungserklärungen gesammelt. Wird das Vorhaben bis 22. Juni von mindestens 5000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützt, muss das Parlament darüber beraten und abstimmen. In Slowenien ist assistierter Suizid derzeit nicht erlaubt.
Eine Freigabe des assistierten Suizids bedeute die Einführung einer Unterscheidung zwischen würdigem und unwürdigem menschlichem Leben, warnt die kirchliche Iupax-Kommission. „Das bedeutet, eine grundlegende zivilisatorische Errungenschaft zu begraben, die die Unantastbarkeit eines jeden menschlichen Lebens garantiert. Sie würde das Tor für Missbrauch öffnen, insbesondere gegenüber den Allerschwächsten.“ Auch für Ärztinnen und Ärzte drohe eine grundlegende Änderung ihrer Berufung: „Statt Leben zu retten und Schmerzen zu lindern, würden sie dazu angehalten, Leben zu beenden.“
„In Momenten der Not gilt es, dem Patienten zuzuhören, seine Wünsche und Werte zu berücksichtigen, und sein Leiden durch Medizin und menschliche Nähe zu lindern“, wird in der Erklärung die Bedeutung von Palliativbegleitung und Palliativmedizin betont. Schon jetzt könnten Patienten zudem über den Verlauf ihrer Behandlung entscheiden und auch invasive Therapien ablehnen, die sie nicht für sinnvoll halten, so die Kommissionsmitglieder. Ziel müsse eine ganzheitliche Palliativversorgung sein, bei der die Patienten physisch, psychisch, sozial und spirituell begleitet werden: „Wir wollen, dass jeder Patient das Gefühl hat, würdig und in seinen letzten Tagen und Momenten nicht allein zu sein.“
Die slowenische Ärztekammer und eine Ethikkommission des Gesundheitsministeriums sprachen sich gegen den Gesetzesvorschlag aus. „Die Kommission ist der Meinung, dass auch in Slowenien das Phänomen des „slippery slope“ auftreten wird, d.h. dass die Indikationen [für den assistierten Suizid, Anm.] erweitert und die Zahl der Fälle von Jahr zu Jahr steigen wird“, sagte der Leiter der Kommission, Božidar Voljč, gegenüber TV Slovenija.
Von den drei Regierungsparteien der Koalition von Premier Robert Golob hat nach Angaben der Nachrichtenagentur STA bisher nur die Linke ihre Unterstützung für den Vorschlag zum Ausdruck gebracht. Sozialdemokraten und Golobs Partei Freiheitsbewegung (Gibanje Svoboda) sprachen sich für eine breite Debatte über das Thema aus, das sie als äußerst heikel bezeichneten. Die oppositionellen Christdemokraten und die nationalkonservatie SDS sind gegen eine Freigabe des assistierten Suizids und sprechen sich stattdessen für den Ausbau des Palliativbereichs aus. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)