Slowenien: Kirche gegen Freigabe des assistierten Suizids
Der slowenische Bischofskonferenz-Vorsitzende Andrej Saje warnt vor einer Freigabe des assistierten Suizids. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag im Rahmen einer Bürgerinitiative, für den eine slowenische NGO Unterstützungsunterschriften sammelt, ebne „ohne ernsthafte fachliche Debatte und ohne Dialog mit Ärzteverbänden und anderen Beteiligten“ den Weg für eine Unterscheidung zwischen „würdigem“ und „unwürdigem“ Leben, so der Bischof von Novo mesto. „Die Wertschätzung der Kultur des menschlichen Lebens steht auf dem Prüfstand“, sagte Saje am 21. Juni bei einem Gottesdienst anlässlich des am 25. Juni bevorstehenden Nationalfeiertags in der Kathedrale von Ljubljana.
„Jedes menschliche Leben ist einzigartig und daher unantastbar. Das muss immer wieder mit Mut zu Wort und Tat verkündet werden“, rief der Bischofskonferenz-Vorsitzende dazu auf, sich „für das Leben, für eine Kultur des Lebens“ einzusetzen. Mit der Einführung eines Gesetzes zum assistierten Suizid hingegen würde „eine völlig neue Sicht auf das Leben eingeführt“, warnte Saje. „Die große Gefahr besteht darin, dass sich alte, kranke und andere schwache Menschen in der Gesellschaft 'unwürdig' und 'überflüssig' fühlen.“
In Slowenien ist assistierter Suizid nicht erlaubt. Die Öffentlichkeit debattiert aber aktuell über den von einer NGO forcierten Vorschlag für ein „Gesetz über die freiwillige Hilfe am Lebensende“. Es sieht im Kern für Personen über 18 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu einem Antrag auf Suizidbeihilfe vor. Unter anderem soll eine eigene Kommission die Anträge prüfen und etwa auch ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werden.
Für den Gesetzesentwurf wurden seit Ende April Unterstützungserklärungen gesammelt. Gibt es Unterschriften von mindestens 5000 Bürgerinnen und Bürgern, muss das Parlament in Ljubljana darüber beraten und abstimmen. Diese Marke wurde laut einer Anfang Juni veröffentlichten Erklärung der Proponenten des Entwurfs bereits überschritten.
Der Gesetzentwurf hat viele Gegner, darunter auch die Ärztekammer und die Medizinethikkommission des Gesundheitsministeriums. Von den drei Regierungsparteien der Koalition von Premier Robert Golob hat nach Angaben der Nachrichtenagentur STA bisher nur die Linke ihre Unterstützung für den Vorschlag zum Ausdruck gebracht.
Bischof Saje würdigte in seiner Predigt mit Blick auf das diesjährige 30-Jahr-Jubiläum der staatlichen Unabhängigkeit Sloweniens auch Persönlichkeiten wie den früheren Erzbischof von Ljubljana, Alojzij Sustar (1920–2007), für deren Verdienste um die Prozesse der Demokratisierung im Land. Gleichzeitig äußerte er Bedenken zur Zukunft.
„Wir träumten von einem gemeinsamen Europa, das sich im Respekt vor seinen christlichen Wurzeln und dem reichen Erbe der alten Kulturen entwickeln würde. (...) Europa sollte so zum Garanten für Frieden, Harmonie und Brüderlichkeit zwischen den Völkern werden“, sagte Saje. Kriege wie jener in der Ukraine und Spaltungen sowie ein mangelndes Verständnis zwischen Nationen, Gruppen und Einzelpersonen böten jedoch „Grund zur Sorge“.
Ein Verlust des Geschichtsbewusstseins und die „Ablehnung von gemeinsam akzeptierten Werten und von allem, was solide ist, lassen den Individualismus eskalieren und die Gesellschaft und ihre Beziehungen sich zersetzen“, warnte der slowenische Bischofskonferenz-Vorsitzende. „Vor allem der Begriff des menschlichen Lebens und seiner unveräußerlichen Würde wird in Frage gestellt.“
Zum Nationalfeiertag müsse sich jeder fragen, was er für das Wohl der Gemeinschaft tun könne, so Saje. „Was sind wir bereit, für andere zu geben? Wie werden wir die ganzheitliche Entwicklung eines jeden Menschen ermöglichen und die Schwächsten schützen, insbesondere am Ende des Lebens? Der Fortschritt einer Zivilisation wird an ihrer Fähigkeit gemessen, das Leben zu schätzen“, sagte der Bischof. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)