Armenien: Kirche warnt vor Genozid in Berg-Karabach
Die Armenische Apostolische Kirche hat ihre „tiefe Sorge“ angesichts der jüngsten Kampfhandlungen in Berg-Karabach zum Ausdruck gebracht. Der großangelegte militärische Angriff Aserbaidschans auf die umkämpfte Region, bei dem friedliche Siedlungen beschossen würden, finde unter dem „falschen Vorwand einer ‚Antiterroroperation‘“ statt. Die Kirche verurteilte die erneuten Feindseligkeiten scharf und rief die internationale Gemeinschaft auf, die aserbaidschanische Führung in die Schranken zu weisen und „angemessen auf die völkermörderischen Handlungen Aserbaidschans zu reagieren“.
Am 19. September hatte Aserbaidschan das Gebiet von Berg-Karabach angegriffen, das nach dem letzten Krieg 2020 unter der Kontrolle der dortigen armenischen Bevölkerung geblieben war. Die völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende, mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region betrachtet sich seit einem ersten Krieg in den 1990er Jahren als unabhängig, unterstützt wird sie darin von Armenien. Nach 24 Stunden massiven Beschusses musste die Führung Berg-Karabachs in einen Waffenstillstand einwilligen, der offenbar von den russischen Friedenstruppen vor Ort vereinbart wurde. Der aserbaidschanische Präsident erklärte den Einsatz für beendet, die Souveränität über das Gebiet sei wiederhergestellt. Als Bedingungen für die Waffenruhe hatte Aserbaidschan die Entwaffnung der Kampfeinheiten Berg-Karabachs, die Auflösung der staatlichen Strukturen des international nicht anerkannten Gebiets und Gespräche zur „Reintegration“ der Region gestellt. Die Angst vor Vertreibung und Zwangsmaßnahmen ist groß. Armenien hat nach eigenen Angaben keine Truppen eingesetzt, wogegen in Jerewan Proteste stattfanden.
Die Armenische Apostolische Kirche teilte mit, es fänden tägliche Gebete in ihren Kirchen zur Unterstützung der Bevölkerung von Berg-Karabach statt. Als die Kampfhandlungen ausbrachen, befand sich gerade eine Delegation des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Armenien, um sich über die Situation in der Region zu informieren. Bei ihrem Besuch bei Katholikos Karekin II., dem Oberhaupt der Armenischen Apostolischen Kirche, erklärte die Delegation ihre Bereitschaft, zu einer friedlichen Lösung des Konflikts um Berg-Karabach beizutragen. Der Katholikos dankte dem ÖRK für sein Engagement und seine Appelle zur Aufhebung der Blockade des Latschin-Korridors.
Am 19. September stand ein Besuch des Latschin-Korridors auf dem Programm. Aufgrund der Kampfhandlungen konnte die ÖRK-Delegation allerdings nur in die Nähe des Korridors reisen. ÖRK-Generalsekretär Jerry Pillay zeigte sich besorgt darüber, dass die gut 100‘000 Einwohnerinnen und Einwohner Berg-Karabachs keinen Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten. Erzbischof Vicken Aykazian, Vize-Moderator des ÖRK-Zentralkomitees, warnte eindringlich vor einem erneuten Genozid. Er rief die Oberhäupter wichtiger Staaten auf, den „Genozid, der jetzt stattfindet, nicht zu übersehen“. Rita Famos, Ratspräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz und ebenfalls Teil der ÖRK-Delegation, appellierte an die Weltöffentlichkeit, ihre Aufmerksamkeit auf die Region zu lenken. Den Schweizer Bundesrat forderte sie auf, im UN-Sicherheitsrat den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan zu thematisieren. Auch Papst Franziskus und der russische Patriarch Kirill riefen zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf. (NÖK)
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