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Russland: Bürger haben in Jekaterinburg Kirchenstandort gewählt

24. Oktober 2019

Nach den Protesten gegen den Bau einer neuen Kathedrale in Jekaterinburg haben die Bürger der Stadt nun in einer Volksbefragung den Standort der neuen Kirche festgelegt. Die Wahl fiel auf ein Grundstück an der Gorkistraße, auf dem sich das Gebäude einer früheren Gerätebaufabrik befindet. Für den Standort sprachen sich 57,7 Prozent der Abstimmungsteilnehmer aus. Für den zweiten zur Wahl stehenden Standort am Ufer des Stadtteichs nahe der Makarovbrücke über den Isset im Zentrum der Stadt entschieden sich 39,5 Prozent der Abstimmenden.

Die Volksbefragung war notwendig geworden, weil der ursprünglich vorgesehene Standort, ein kleiner Park am Stadtteich in der Nähe des zentralen Oktoberplatzes und Schauspielhauses, auf massive Proteste der Bevölkerung gestoßen war. Der Widerstand richtete sich gegen die Aufhebung des beliebten Parks, eine der wenigen Grünflächen im Stadtzentrum. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften sowie Verhaftungen und Verurteilungen. Der russische Präsident Vladimir Putin schlug daraufhin eine Volksbefragung vor, das Bauvorhaben wurde gestoppt. Die Einwohner erhielten die Möglichkeit Vorschläge für alternative Standorte einzureichen; ein Expertenrat traf eine Auswahl. Die Debatten dauerten den ganzen Sommer, an der Abstimmung standen nun nur noch zwei Orte zur Auswahl.
An der Volksbefragung vom 13. Oktober nahmen fast 100‘000 Bürger der Millionenstadt im Ural teil, das sind 9 Prozent der Stimmberechtigten. Diese Wahlbeteiligung übertraf die Erwartungen deutlich, die Stadtverwaltung hatte mit der Teilnahme von ca. 30‘000 Stimmberechtigten gerechnet. Die Behörden begrüßten die erfolgreiche Durchführung der Volksbefragung. So würdigte Nikolaj Zukanov, der bevollmächtigte Vertreter des russischen Präsidenten im Föderationskreis Ural, sie als Erfahrung bei einer Konfliktlösung. Er zeigte sich überzeugt, dass „jedes beliebige, komplizierteste Problem ruhig und zivilisiert gelöst werden kann“. Die Beteiligung zeige, dass in Jekaterinburg „aktive, nicht gleichgültige Menschen leben, die ihre Stadt lieben“.
Im Kreml wurde die Abstimmung ebenfalls gewürdigt. Dmitrij Peskov, der Pressesprecher des Präsidenten, bezeichnete die Wahl der Bürger als „sehr wichtig“. Allerdings zeigte er sich in der Frage, ob die Erfahrung aus Jekaterinburg künftig auf andere Regionen übertragen werden könne, zurückhaltend. Er wisse nicht, inwiefern diese Form der Konfliktlösung „systematisiert“ werden könne. Zufrieden war auch Metropolit Kirill (Nakonetschnij) von Jekaterinburg, er dankte den Einwohnern der Stadt für die aktive Beteiligung. Kirill hofft, dass der Bau der geplanten Katharina-Kathedrale ruhig verlaufen wird. Die Kirche soll eine Rekonstruktion der Katharina-Kathedrale werden, die 1930 von den Bolschewiki zerstört worden war. Das gewählte Grundstück wird auch von der Eparchie bevorzugt. (NÖK)

Sergej Tschapnin zu den Protesten gegen Kirchenbauten
Im Konflikt um den Bau einer neuen Kirche in Jekaterinburg haben die Behörden und Kirche nachgegeben und wollen eine Umfrage zur Bestimmung des Standorts durchführen. Sergej Tschapnin erklärt, worum es bei diesen Protesten geht und wie die Kirche dabei agiert.