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USA: Gläubige der Auslandskirche fordern Hierarchen zu Verurteilung des Angriffskriegs auf

27. Februar 2022

Gläubige der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland (ROKA) in den USA, Kanada und Großbritannien haben die eigenen Bischöfe zu einer „stärkeren“ und „entschiedeneren“ Sprache gegen „diesen abscheulichen Akt der Aggression“ in der Ukraine aufgerufen. Bis jetzt seien deren Botschaften „viel zu schwach“. In einem offenen Brief an die Bischöfe, Kleriker und Gläubige erklären die Unterzeichner: „Für ein orthodoxes Land ist es moralisch und spirituell verwerflich ein anderes überfallen – und dies ist genau die Situation von Russland, das in die Ukraine einfällt“.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die ROKA ist ein Zweig der Russischen Orthodoxen Kirche, die aus der Opposition gegen das, was falsch war, geboren wurde. Unsere Vorfahren standen unerschütterlich gegen Unterdrückung und Diktatur. Jetzt ist wieder ein schrecklicher Moment, in dem es sich deutlich fehlgeleiteter Gewalt und gesetzloser Aggression zu widersetzen gilt, wie es die Vorfahren getan haben. […] Eine rasch wachsende Zahl an Russinnen und Russen in Russland riskiert Verhaftung, um zu protestieren. Es ist daher an uns, laut und deutlich zu sprechen. Die ROKA darf nicht still oder mehrdeutig sein oder sich in einer Irreführung der Gläubigen mit Kritik an der Berichterstattung hervortun statt das Geschehen mutig zu verurteilen. Wir müssen gerade jetzt eindeutig sein, andernfalls geben wir allen geistigen Grund auf, den wir jemals durch unseren mühsamen Kampf gegen Tyrannei und totalitäre Regierung erreicht haben. Lasst uns dem Beispiel von unserem geistlichen Bruder Metropolit Onufrij, Oberhaupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, folgen, der klar und deutlich die russische Aggression verurteilt hat. Möge uns die Ukraine verzeihen.“

Am 24. Februar, am Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, hatte sich der Ersthierarch der ROKA, Metropolit Ilarion (Kapral), „mit einer aufrichtigen Bitte“ zu Beginn der Großen Fastenzeit und in Verbindung mit den Ereignissen in der Ukraine an den Klerus und die Gläubigen seiner Eparchie von Ost-Amerika und New York gewandt: „übermäßiges Fernsehen, Verfolgen der Zeitungen und des Internets zu unterlassen“ und „unsere Herzen gegenüber den von den Massenmedien entfachten Leidenschaften zu verschließen“. Stattdessen sollten die inständigen Gebete um Frieden zur „Überwindung von Feindschaft und Zwietracht“ und um Hilfe für die Leidenden verdoppelt werden, so dass „wir alle in diesen schwierigen Zeiten in erster Linie menschlich und orthodoxe Christen bleiben“.

Auch die vier europäischen Bischöfe der ROKA hatten sich am gleichen Tag mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt, in der sie ihre „Trauer und größte Besorgnis“ über die Ereignisse im Osten der Ukraine zum Ausdruck brachten. „Bewaffnete Konflikte führen stets zu schwerem Leid für unschuldige Menschen – vor allem Kinder und ältere Menschen – und dem geht Spaltung, Einseitigkeit und Feindseligkeit voraus.“ Es sei unmöglich, „der äußerst einseitigen Darstellung der Ereignisse zuzustimmen, wie sie die westlichen Informationsquellen zeichnen“. Das Geschehen sei wesentlich komplexer. „Wir werfen uns nicht zu Richtern auf, vielmehr wollen wir unsere Berufung als Diener der Kirche erfüllen und inständig um die Versöhnung der Menschenseelen ‚im ukrainischen Lande‘ – ‚um die Besänftigung der Herzen‘ beten, und zugleich, dass Weisheit geschenkt werde denen, die unmittelbare Verantwortung tragen für das Schicksal der Menschen in Europa, welches sowohl die Ukraine umfasst als auch Russland mit Weißrussland.“ (NÖK)

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