Estland: KEK-Vollversammlung ruft zur Unterstützung des ukrainischen Widerstands auf
Die Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) hat „die illegale und brutale Invasion der Ukraine durch die Russische Föderation“ ohne Vorbehalte verurteilt und sich auf die Seite der Menschen in der Ukraine gestellt. In ihrer Abschlusserklärung rief die Vollversammlung die Kirchen, Regierungen und die Zivilgesellschaft zur Unterstützung des Widerstands der Ukraine gegen den russischen Angriff auf.
An der Vollversammlung der KEK im estnischen Tallinn vom 15. bis 20. Juni 2023 war die Ukraine eines der Hauptthemen, dem auch zwei Podiumsdiskussionen gewidmet waren. In den beiden Podiumsdiskussionen schilderten vor allem Vertreter ukrainischer Kirchen ihre Standpunkte und teilten ihre Erfahrungen. Im ersten Panel mit dem Titel „Churches as change makers in post-war society“ schilderte Volodymyr Bureha, der Vizerektor der Orthodoxen Theologischen Akademie in Kyjiw, wie schwierig es sei, angesichts der Gräuel nicht den Glauben zu verlieren. Mit Verweis auf die riesigen physischen und psychischen Wunden erklärte er, dass es für einen Dialog noch zu früh sei. Auf dem zweiten Podium mit dem Titel „Preparing for peace: The role of churches in transforming violence“ kamen jüngere Ukrainier:innen zu Wort. Zwar befürworteten alle einen Weg des Dialogs und der Versöhnung, warnten aber vor faulen Kompromissen und forderten klar, dass Russland zuerst zur Rechenschaft gezogen werde.
Die Vollversammlung anerkennt im Statement die Bemühungen von Kirchen und Christen, die humanitäre Hilfe leisten und in anderen Formen die Betroffenen des Kriegs unterstützen. Als Gemeinschaft von Kirchen sei das KEK gefordert, „unsere Rolle als Nachfolger von Christus im Lieben des Feindes und als Agenten für Gerechtigkeit, Versöhnung, Frieden und Einheit zu erkennen, in einer Zeit, da solche Ideen fern scheinen“. Zugleich weist das KEK im Statement darauf hin, dass „Kirchen, insbesondere diejenigen, die zurzeit aufgrund politischer oder regionaler Ausrichtungen gespalten sind, zum Konflikt und Leiden beitragen und danach streben müssen, Friedensstifter, Agenten der Gerechtigkeit und Wahrheit, Verfechter von Verantwortlichkeit und Menschenrechten zu sein“. Im Abschlussstatement äußerte sich die Vollversammlung zudem zu „Klimawandel und Öko-Krise“ sowie „Migration und Vertreibung“.
An der Vollversammlung wählte die KEK Erzbischof Nikitas (Loulias) von Thyateira und Großbritannien des Ökumenischen Patriarchats zu ihrem neuen Präsidenten. In seiner Ansprache nach der Wahl plädierte er für noch mehr ökumenische Zusammenarbeit. Als Vizepräsidenten wurden die anglikanische Bischöfin von Huntingdon (England), Dagmar Winter, und Pfarrer Frank Kopania von der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt; die Amtszeit der Gewählten beträgt fünf Jahre.
In seiner Rede erklärte der Ökumenische Patriarch Bartholomaios, alle christlichen Kirchen seien aufgerufen, sich gemeinsam für ein Europa einzusetzen, das auch weiterhin auf christlichen Werten basiere. „Wir sollten auf eine Zivilgesellschaft in Europa hoffen und uns für sie einsetzen, in der das Gemeinwohl jegliche Grenzen überwindet“, sagte er. Er betonte Inklusion und Solidarität als „wirklichen Weg zur Wiederbelebung eines christlichen Europas“. Bartholomaios warnte die Kirchen davor, sich angesichts der vielfältigen Herausforderungen, vor denen sie stehen, mit politisch autoritären Mächten zu verbünden. Zur Ökumene hielt der Patriarch fest, es müsse darum gehen, Unterschiede anzuerkennen und zu respektieren und immer wieder die Vorstellung eines christlichen Europas zu hinterfragen. Zugleich verwies er auf die aktuelle politische Lage, „in der viele westliche Nationen religiöse und nationale Identitäten voneinander getrennt haben, einige östliche Länder religiöse und nationale Identitäten wieder miteinander verbunden haben, während in anderen Ländern sogar ein Anstieg des Autoritarismus zu beobachten ist“.
Unter den Teilnehmern fehlte die Serbische Orthodoxe Kirche (SOK). In ihrer Bischofsversammlung im Mai hatte sie entschieden, ihre Mitgliedschaft in der KEK zu suspendieren. Grund dafür ist, dass das Leitungsgremium der KEK den Mitgliedschaftsantrag der Orthodoxen Kirche der Ukraine im März angenommen hatte. Damit kann der Aufnahmeprozess gemäß den Statuten der KEK begonnen werden, entschieden ist die Aufnahme aber noch nicht.
Ohne die SOK gehören der KEK 113 orthodoxe, anglikanische, altkatholische, lutherische, reformierte, unierte und methodistische Kirchen in Europa an. Die Russische Orthodoxe Kirche hatte sich 2008 im Zusammenhang mit dem Konflikt um die beiden orthodoxen Kirchen in Estland aus der aktiven Zusammenarbeit mit der KEK zurückgezogen. (mit Material von Kathpress) (NÖK)