Ukraine: Griechisch-Katholische Kirche in Transkarpatien will eigenen Weg gehen
Die griechisch-katholische Kirche in Transkarpatien will ihren eigenen Weg gehen. Das hat Petro Beres, Generalvikar der im äußersten Westen der Ukraine gelegenen Eparchie Mukatschevo, in einem Interview mit dem slowakischen Internetportal Postoj bekräftigt. Die Ukrainische Griechisch-katholische Kirche sei „groß und schön“ und verfüge über ein „gewaltiges Potenzial“ – aber auch in Transkarpatien sei „etwas Schönes und Buntes entstanden“, sagte Generalvikar Beres, der auch Rektor der griechisch-katholischen Theologischen Akademie des seligen Teodor Romza in Uschhorod ist.
Die griechisch-katholische Diözese Mukatschevo wartet seit dem plötzlichen Tod von Bischof Milan Sasik im Juli 2020 auf einen neuen Bischof. Sie hat aus komplexen historischen Entwicklungen heraus einen innerkirchlichen Sonderstatus. Die „Eparchie von Mukatschevo“ (auch Ruthenische Griechisch-Katholische Kirche genannt), ist nicht Bestandteil der Griechisch-Katholischen Kirche in der übrigen Ukraine, sondern als Diözese „eigenen Rechts“ (sui iuris) direkt dem Heiligen Stuhl untergeordnet. Es gibt allerdings Stimmen, die eine Beendigung des aktuellen Sonderstatus der Eparchie in Transkarpatien fordern und sich für die Vereinigung mit der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche (UGKK) aussprechen.
Diesseits des Karpatenbogens frage man „lieber nicht nach der Nationalität“, verwahrte sich Generalvikar Beres aber gegen Gleichschaltungsbestrebungen aus Kyjiw auch in der griechisch-katholischen Kirche. Hier lebe man in einer „national, sprachlich und religiös gemischten Region“ und es wäre gut, dies auch für die Zukunft beizubehalten, so der Generalvikar. Die eine Kirche solle „die andere nicht verschlucken, sondern bereichern“.
Die ethnische Koexistenz spiegle sich auch im von Beres geleiteten Priesterseminar. Von den derzeit 66 Hörern stamme die Mehrheit aus der Eparchie Mukatschevo, 13 jedoch gehörten dem internationalen neokatechumenalen Seminar „Redemptoris Mater“ an. Sie kämen unter anderem aus Brasilien, Honduras und Polen und seien auch insofern ein Gewinn, als sie als Ausländer problemlos aus- und einreisen und die erforderlichen Waren importieren dürften.
Mukatschevo zählt zusammen mit Uschhorod zu den wichtigsten Städten der an Ungarn, Rumänien, die Slowakei und Polen grenzenden ukrainischen Oblast Transkarpatien. Die Region hat seit Beginn des Angriffs von Russland auf die Ukraine vor zwei Jahren eine große Anzahl Binnenflüchtlinge aufgenommen, die offiziell registrierte Anzahl beträgt mehr als 150‘000.
Der russische Krieg in der Ukraine habe die „Ära des Ghettos jenseits der Karpaten beendet, in dem wir alles auf unsere Art erledigen konnten“, erklärte Generalvikar Beres im Gespräch mit Postoj zur aktuellen Lage in der Region. Vor dem Krieg habe Uschhorod rund 115‘000 Einwohner gehabt, jetzt seien es wohl 50‘000 mehr. Darauf sei die Stadt nicht vorbereitet gewesen. Es herrsche ein Mangel an Arbeitskräften. Da Zugewanderte aus Kyjiw und Odessa einen Teil der Immobilien gekauft hätten, seien nicht nur die Preise von Waren, sondern auch die Mieten emporgeschnellt, so der Geistliche. Glücklicherweise habe sich in dieser Situation ein „Wunder des Ehrenamts“ und der ökumenischen Zusammenarbeit entwickelt, angefangen mit den „Brüdern Protestanten“, dann den Griechisch-Katholischen und mit einer gewissen Verzögerung auch den Orthodoxen.
Jetzt herrsche in der Region ein Kommen und Gehen. Junge Männer kehrten von der Front zurück, traumatisiert, oft verkrüppelt, andere befürchten ihre Einberufung. Beres zeigte sich erschüttert darüber, wie viele Menschen außerhalb der Ukraine der russischen Propaganda glaubten. Die Menschen müssten erkennen, dass es „nicht um einen russisch-ukrainischen Krieg, sondern um einen Kampf der Zivilisationen“ gehe. Werde die Ukraine alleingelassen, so würde dies ihr Ende bedeuten, der Krieg jedoch würde damit „nicht enden, sondern nur verlagert werden“, warnte der Generalvikar.
Zu den kirchlichen Strukturen in Transkarpatien hat sich kürzlich auch der neue Erzbischof von Prešov und slowakische Metropolit Jonáš Maxim geäußert. Er habe dazu „keine konkrete Vorstellung, doch wäre es richtig, wenn die Eparchie von Mukatschevo ihren eigenen Diözesanbischof hätte, der aus dem örtlichen Klerus ausgewählt wurde und die dortige Situation ausreichend kennt“.
Der Krieg habe die Spannungen unter den Priestern „nur verschärft, die einen sind mehr ukrainisch eingestellt, die anderen ruthenisch, wieder andere ungarisch“. Zuerst müsse daher ein „Grundkonsens“ hergestellt werden, erst danach könne man das Weitere überlegen. Bloß eine „Entscheidung von außen“ würde die „Situation nicht lösen, ganz im Gegenteil“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)