Tschechien: Trauergottesdienst nach Massaker in der Prager Karlsuniversität
Trotz des Bemühens, das Paradies auf Erden aufzubauen, zeige die Realität des Lebens, „dass das Böse existiert, dass es nicht genügt, vor ihm die Augen zu schließen, und dass uns vor ihm weder eine Institution noch ein Gesetz schützt“. Dies erklärte der Prager Erzbischof Jan Graubner beim Trauergottesdienst am 23. Dezember im Veitsdom der tschechischen Hauptstadt nach dem Massaker in der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität, das am 21. Dezember 15 Todesopfer gefordert hatte. Anwesend waren unter anderem Staatspräsident Petr Pavel, Ministerpräsident Petr Fiala sowie die Vorsitzenden beider Kammern des Parlaments und der Bürgermeister der Stadt Prag.
Auf dem Altar lagen vierzehn Rosen, je eine für die Todesopfer des Attentats, „sowie eine auch für denjenigen, der sich vom Bösen so sehr verführen und manipulieren ließ, dass er zum Instrument des schaurigen Todes wurde“, so der Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz. Man wolle damit ausdrücken, „dass zuletzt immer die Liebe den Sieg davonträgt“. Man müsse klar das Geschehene verurteilen und zugleich in die Zukunft schauen. Jeder Mensch müsse seinen „Anteil an der Verbreitung des Bösen erkennen und den Mut zum Gesinnungswandel“ haben, sagte Graubner. Die Gesellschaft nehme die Gründe und Folgen nicht ausreichend wahr und verliere die Fähigkeit, direkt auf andere hinzuhören. So gerate man „in die Isolation, in eine unwirkliche Welt, in reale Einsamkeit und Verlassenheit, selbst inmitten der Menge“.
Am Ende des Gottesdienstes ergriff auch die Rektorin der Karlsuniversität, Milena Králíčková, das Wort. Das Lebensende eines jungen Menschen sei „die unerfüllte Möglichkeit, für die anderen viel Gutes zu tun“. Zu den Ermordeten gehört unter anderem die Leiterin des Instituts für Musikwissenschaft. An Jan Palach, jenen Studenten, der sich 1969 aus Protest gegen die kommunistische Staatsgewalt verbrannt hat und der ebenso Student der Philosophischen Fakultät war, erinnert eine Gedenktafel am Gebäude sowie die Namensgebung des Platzes davor.
Trauergottesdienste fanden auch in anderen Kathedralen des Landes statt, etwa in Brno. Auch die Vertreter anderer Denominationen hatten noch am Tag des Grauens ihr Beileid bekundet. Zu Beginn der Gottesdienste um 12 Uhr wurden im ganzen Land die Kirchenglocken geläutet und die Fahnen an öffentlichen Gebäuden mit einem Trauerflor versehen auf Halbmast gesetzt. Präsident Pavel, Ministerpräsident Fiala sowie die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Markéta Pekarová Adamová, hatten sich schon am 21. Dezember auf die Ausrufung der Staatstrauer geeinigt und sich mit den zuständigen Stellen der Kirche abgesprochen. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)