Montenegro: Bischof Joanikije aus der Haft freigelassen
Am 15. Mai sind Bischof Joanikije (Mićović) von Budimlje und Nikšić sowie sieben weitere Geistliche seiner Eparchie nach 72 Stunden Haft freigelassen worden. Sie waren verhaftet worden, nachdem sie am 12. Mai eine spontane Prozession zu Ehren des Hl. Basilius von Ostrog durchgeführt hatten, was gegen das aufgrund der Coronavirus-Pandemie geltende Versammlungsverbot verstieß. Die Staatsanwaltschaft hat bei Gericht eine entsprechende Klage eingereicht. Den Angeklagten droht eine Buße oder bis zu einem Jahr Gefängnis. Während die Geistlichen in Haft waren, kam es in mehreren montenegrinischen Städten zu Protesten und Ausschreitungen. Dutzende Demonstranten wurden verhaftet, mehrere Polizisten verletzt.
Als Joanikije spät abends freigelassen wurde, erwartete ihn vor der Staatsanwaltschaft in Nikšić eine Menschenmenge, die sich seit dem Morgen dort versammelt hatte. In einer Ansprache an die Anwesenden dankte er ihnen für ihre „Unterstützung und Liebe“. Bezüglich der ihm vorgeworfenen Vergehen betonte er noch einmal, dass sich die Gläubigen spontan zur Prozession versammelt hätten und es die Pflicht der Geistlichen gewesen sei, sie nicht im Stich zu lassen. Zudem seien die Teilnehmer nach der Prozession friedlich auseinandergegangen, die Probleme hätten erst mit der Einmischung der Behörden begonnen. Während seiner Inhaftierung hätten sich die Polizisten ihm gegenüber jedoch mehr als korrekt, „professionell und menschlich“ verhalten. Er wundere sich darüber, dass der Staat sich verhalte, als sei das einzige Problem in Montenegro die Kirche und der Glaube.
In einem Statement kritisierte die Eparchie von Budimlje und Nikšić das Vorgehen der Polizei „mit Tränengas und Prügel“ gegen die Demonstranten. Besonders verwerflich sei dies, weil bei den Protesten Kinder und Jugendliche anwesend waren. Sie verurteilte das Handeln der Polizei „auf das Schärfste“ und warnte, es sei „nicht gut, die Hand gegen die eigene Zukunft zu erheben“.
Nach einem Treffen mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić sagte Patriarch Irinej von der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK), die Situation in Montenegro sei schlimmer denn je. Der SOK gehört die große Mehrheit der orthodoxen Gläubigen in Montenegro an. Sogar die Herrscher des Osmanischen Reichs und die Kommunisten hätten mehr Respekt vor der Kirche gehabt, sagte Irinej. Er verglich die Situation in Montenegro mit dem faschistischen Ustaša-Regime in Kroatien während des Zweiten Weltkriegs: Ziel sei, das serbische Volk zu vertreiben und die SOK zu zerstören. Es werde eine neue montenegrinische Nation geschaffen, aus der alles Serbische entfernt werde. „Wir respektieren Montenegro als Staat“, betonte Irinej weiter, doch leider „wird die Existenz des serbischen Volks in Montenegro nicht akzeptiert“. Präsident Vučić bekundete Verständnis für die Position der Kirche, rief aber zu Vorsicht auf. Er bemängelte, dass sich die Politik in Montenegro in die Kirche einmische. Weiter versicherte er, dass Serbien seinem Volk beistehen werde und es auf dem Balkan zu keinen Vertreibungen von Serben mehr kommen werde. Niemand stehe Serbien näher als Montenegro, deshalb sei die Situation schmerzlich. (NÖK)
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