Montenegro: Umstrittenes Religionsgesetz wird abgeändert
Ein Jahr nach der Verabschiedung des umstrittenen montenegrinischen Religionsgesetzes zeichnet sich eine Revision in zentralen Punkten ab. Die neue Regierung unter Ministerpräsident Zdravko Krivokapić hat angekündigt, auf eine Registrierung der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) zu verzichten, wie ursprünglich vom Gesetz vorgesehen. Der strittige Paragraph zur Eigentümerschaft von Kirchen und Klöstern soll gänzlich gestrichen werden. Die SOK begrüßte die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen, da sie eine rechtliche Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften im Land garantierten.
Mit der Abänderung des Religionsgesetzes löst Krivokapić eines seiner zentralen Wahlversprechen ein. Während des Wahlkampfs hatte er mehrfach das Ende 2019 von der damaligen Regierungskoalition verabschiedete Religionsgesetz kritisiert und sich so die Unterstützung der SOK gesichert, die mit Protestmärschen auf das Gesetz reagiert hatte. Nach dem Sieg der Oppositionsparteien bei den Parlamentswahlen Ende August wurde Krivokapić unter Vermittlung des verstorbenen Metropoliten Amfilhojie (Radović) zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Krivokapić begründete die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen am 17. Dezember in einer Pressekonferenz, dass somit für alle Rechtssicherheit und Schutz des Eigentums herrschten: „Wenn Sie wollen, dass jemand Ihr Haus, das Sie auf Ihrem Besitz erbaut haben, durch ein Gesetz dem Staat überschreibt, und dass Sie in dieser Angelegenheit beweispflichtig sind, dann unterscheiden wir uns grundlegend.“
Das von der Vorgängerregierung um die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Präsident Milo Đukanović verabschiedete Religionsgesetz hatte vorgesehen, dass Immobilien und Land aus dem Besitz einer Religionsgemeinschaft in Staatsbesitz übergehen, wenn sie dem unabhängigen Königreich Montenegro vor seiner Eingliederung in das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen 1918 gehört hatten und die Religionsgemeinschaft ihre Eigentümerschaft nicht zweifelsfrei beweisen kann. Diese Regelung, festgehalten in den Paragraphen 62 bis 64, soll nun ersatzlos gestrichen werden, wie Justizminister Vladimir Leposavić erklärte, der vor seiner Ernennung zum Minister Rechtsanwalt für die Metropolie von Montenegro gewesen war. Eigentumsstreitigkeiten zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften sollen auch nicht mehr auf dem Verwaltungsweg, sondern in ordentlichen Gerichtsverfahren geklärt werden.
Bischof Joanikije (Mićović) von Budimlje und Nikšić, der nach dem Tod von Metropolit Amfilohije zum Administrator der Metropolie von Montenegro bestimmt worden war, zeigte sich zufrieden mit dem Gesetzesvorschlag: „Ich habe den Gesetzestext gesehen, und insofern es keine Zusätze gibt, bin ich völlig mit dem Vorgeschlagenen einverstanden.“ Scharfe Kritik kam dagegen von der DPS, die der Regierung vorwarf, der SOK staatliche Güter aus dem kulturellen Erbe Montenegros zu übertragen. Auch das montenegrinische PEN-Zentrum, das sich um eine Stärkung der nationalen montenegrinischen Identität in Abgrenzung zu Serbien bemüht, kritisierte die geplanten Gesetzesanpassungen: „Die Regierung beabsichtigt, den größten Raub in der montenegrinischen Geschichte zu legalisieren. Sie versucht den Raub des gesamten orthodoxen sakralen Schatzes Montenegros auszuführen, so wie die SOK als Institution eines benachbarten Staats außerhalb und oberhalb des Rechtssystems Montenegros gestellt wird.“
Die Regierung plant, noch Ende Dezember über die Gesetzesänderungen im Parlament abstimmen zu lassen. Wenn das Parlament zustimmt, wird das Gesetz an Präsident Đukanović zur Promulgation weitergeleitet. Der Präsident hat eine Frist von sieben Tagen bei der Gesetzespromulgation, innerhalb von drei Tagen kann er es ans Parlament zur erneuten Entscheidung zurückweisen. Sollten die Abgeordneten dem Gesetz jedoch erneut zustimmen, muss der Präsident es promulgieren. (NÖK)
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