Montenegro: Neue Regierungskoalition ändert Religionsgesetz
Das montenegrinische Parlament hat Änderungen am Ende Dezember 2019 verabschiedeten Religionsgesetz angenommen. Die 41 Abgeordneten der Regierungskoalition unterstützten die Gesetzesänderungen, während die Opposition im 81 Sitze umfassenden Parlament die Abstimmung am 29. Dezember boykottierte.
Ministerpräsident Zdravko Krivokapić begrüßte das Abstimmungsresultat als „Sieg für die Rechtsstaatlichkeit“, aber auch des Volkes, das diesen Staat verteidigt habe. Nun sei „nach einem Jahr das Unrecht korrigiert“, das die frühere Regierung insbesondere der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) habe antun wollen. Jetzt seien ausnahmslos alle Glaubensgemeinschaften vor dem Gesetz gleich. Vladimir Leposavić, der Minister für Justiz, Menschen- und Minderheitenrechte, der die Gesetzesänderungen eingebracht hatte, erklärte im Vorfeld, diese seien ein Jahr lang diskutiert und von mehr als 100‘000 Bürgern plebiszitär unterstützt worden.
Das Religionsgesetz hatte massive Proteste der SOK, der größten Glaubensgemeinschaft im Land, ausgelöst. An den regelmäßig im ganzen Land stattfindenden Kreuzprozessionen nahmen Zehntausende Demonstranten teil. Der Grund für den Widerstand war die Befürchtung der SOK, dass mithilfe des Gesetzes ihr Eigentum verstaatlicht werden sollte. In den Parlamentswahlen im Sommer verlor die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS), die Montenegro 30 Jahre lang regiert und das umstrittene Gesetz verabschiedet hatte, ihre Mehrheit. Die neue Regierungskoalition setzte nun mit der Überarbeitung des Gesetzes eines ihrer Wahlkampfversprechen um. Die SOK zeigte sich mit der Änderung sehr zufrieden. Die Änderung an sich, aber auch die Art und Weise ihrer Umsetzung hätten „der Gesellschaft eine neue Qualität verliehen“ und seien ein Zeichen für „Veränderungen zum Besseren“, erklärte Erzpriester Gojko Perović, der Rektor des Priesterseminars in Cetinje.
Am Tag vor der Abstimmung protestierten Tausende vor dem Parlamentsgebäude in Podgorica gegen die Gesetzesänderung. Die Demonstrierenden skandierten „Verrat“ und „Hier ist nicht Serbien“ und warfen der neuen Regierung vor, montenegrinisches Eigentum in die Hände der SOK und Serbiens zu legen. Präsident Milo Đukanović, der Vorsitzende der DPS, hat die Anpassungen abgelehnt und sie zur erneuten Diskussion ans Parlament zurücküberwiesen. Laut seinem Büro ist unklar, ob die nötige Anzahl Abgeordneter bei der Abstimmung anwesend war. Wenn die Parlamentarier die Anpassungen erneut befürworten, ist der Präsident verpflichtet sie zu promulgieren. (NÖK)
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