Zypern: Interorthodoxe Vorbereitungskonsultation des ÖRK ruft zu Frieden in der Ukraine auf
Vertreter der orthodoxen Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) haben bei ihrem Vorbereitungstreffen auf Zypern zur 11. ÖRK-Vollversammlung ihre „tiefe Sorge über die Entwicklungen“ in der Ukraine ausgedrückt und für Frieden gebetet. An dem Treffen vom 9. bis 16. Mai nahmen rund 50 Delegierte aus 20 östlich-orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen teil, um sich ÖRK-Vollversammlung Anfang September in Karlsruhe vorzubereiten. Im Zentrum der Diskussionen stand die Formulierung einer orthodoxen Perspektive auf das Thema der Vollversammlung „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“.
In seiner Eröffnungsansprache betonte Ioan Sauca, der geschäftsführende ÖRK-Generalsekretär und Priester der Rumänischen Orthodoxen Kirche, den Stellenwert des Treffens. Es sei einzigartig, dass in der aktuell herausfordernden Zeit die orthodoxen Kirchen zusammenkommen könnten. Außerdem sei es wichtig, eine „gemeinsame orthodoxe Vision für die ÖRK-Vollversammlung zu formulieren“, erklärte Sauca weiter. Gastgeber Metropolit Vasilios (Karajiannis) von Konstantia und Ammochostos von der Orthodoxen Kirche in Zypern hob die Rolle des ÖRK hervor. Dieser habe den orthodoxen Kirchen „auch in Zeiten, als wir voneinander isoliert waren, oftmals die Gelegenheit geboten, sich zu versammeln und als Orthodoxe miteinander zu reden“.
Im Abschlusskommuniqué erklärten die Teilnehmer, ihre Mission bleibe der „Aufruf zu Einheit, Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden“, zudem blieben sie dem Ziel der eucharistischen Einheit verpflichtet. Weiter heißt es, die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) habe die Delegierten „über den bewaffneten Konflikt in der Ukraine“ informiert. Die Delegierten hätten über die „Haltung der Lokalkirche zu dieser schmerzhaften Situation“ diskutiert. Sie hofften, dass das Thema der Vollversammlung eine Anregung sei, um diese Region und andere von Krieg versehrte Orte zum Frieden zu führen und Probleme der Spaltung zu überwinden. Im Bericht zur Konsultation heißt es ausführlicher: „Während unserer Beratungen wurde die große Sorge über den bewaffneten Konflikt in der Ukraine ausgedrückt, der bereits viele Menschen das Leben gekostet hat. Die Teilnehmenden des Treffens verurteilten einhellig Kriege und riefen alle involvierten Konfliktparteien auf, alles in ihrer Macht Stehende für die schnellstmögliche Herstellung von Frieden und Sicherheit in der Ukraine, Russland, Europa und der ganzen Welt zu tun.“ Eine konkrete Benennung des Aggressors fehlte allerdings. Zudem verurteilten die Delegierten „systematische Desinformationskampagnen, die Spaltungen und Hass fördern“. Stattdessen solle dafür gebetet werden, dass „Liebe und brüderliche Kommunion zu den leidenden Brüdervölkern zurückkehren mögen“.
Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats sowie Leiter der Delegation der ROK, erläuterte in einem Vortrag die Sichtweise der ROK auf den russischen Krieg in der Ukraine. Dabei verwies er darauf, dass mit dem Segen von Patriarch Kirill auf dem ganzen kanonischen Territorium der ROK täglich für den Frieden gebetet werde, und sich die ROK in der humanitären Hilfe für Flüchtlinge engagiere. Er betonte die Rolle der ROK bei der Evakuierung von Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal in der südukrainischen Stadt Mariupol, ohne jedoch zu erwähnen, dass der involvierte Metropolit Mitrofan (Nikitin) von Horlivka und Slovjansk Teil der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) ist, die eine autonome Kirche innerhalb des Moskauer Patriarchats ist. Ilarion las den Bericht Mitrofans über die Evakuierungen und ihre Vorbereitung vor, in dem dieser Patriarch Kirill dafür dankt, sich die Ereignisse so „zu Herzen genommen“ zu haben und von seiner Seite alles für die Befreiung der Zivilisten aus dem Stahlwerk getan zu haben. Damit schreibt die ROK den Verdienst für diesen Erfolg – den bisher einzig öffentlich bekannten – weiterhin sich und nicht der UOK zu.
Daneben betonte Ilarion den Einsatz seiner Kirche für den Schutz traditioneller Werte. Die Kirche müsse Orientierung geben und gegen den moralischen Relativismus, der in einigen Regionen Westeuropas verbreitet sei, kämpfen. Er sprach von „traurigen Ereignissen in der Familie der orthodoxen Kirchen“, warnte aber davor, die Konsultation und die Vollversammlung als „Plattform für die Diskussion unserer internen Probleme vor den Augen der protestantischen Welt“ zu nutzen. Denn da würden diese Probleme sowieso nicht gelöst. Stattdessen rief er zum gemeinsamen Zeugnis für die evangelischen Werte auf. Zwar „können wir im Verständnis der einen oder anderen kirchlich-kanonischen oder politischen Tatsachen gespalten sein, aber uns vereint der Glaube an Jesus Christus“, so Ilarion.
Während seines Aufenthalts in Zypern traf Metropolit Ilarion auch Erzbischof Chrysostomos von Zypern, das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche von Zypern. Die ROK hatte im November 2020 die eucharistische Gemeinschaft mit Chrysostomos und einigen anderen zypriotischen Hierarchen abgebrochen, nachdem diese die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) anerkannt hatten. Bei dem Gespräch ging es um einen Meinungsaustausch, aber auch die bilateralen Kontakte zwischen den beiden Kirchen, die durch den Abbruch der Kommunion erschwert seien. (NÖK)