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Ukraine: Vereinigungskonzil soll am 15. Dezember stattfinden

13. Dezember 2018

Das Vereinigungskonzil zur Gründung einer autokephalen Ukrainischen Orthodoxen Kirche soll am 15. Dezember stattfinden. Das verkündete zumindest der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, nachdem die Hl. Synode des Ökumenischen Patriarchats an ihrer letzten Sitzung kein Datum genannt hatte. In der Einladung zum Konzil, die Patriarch Bartholomaios an die ukrainischen Hierarchen gesandt hat, wird mitgeteilt, dass Metropolit Emmanuel (Adamakis) von Frankreich den Vorsitz der Versammlung haben wird. Die Bischöfe werden eingeladen, einen Priester sowie einen Mönch oder einen Laien zur Versammlung mitzunehmen. Diese hätten ein Stimmrecht für die Auswahl von drei Kandidaten zur Leitung der neuen Kirche, ihr Statut sowie die Bestimmung des Oberhaupts.

In dem Schreiben, das Metropolit Oleksandr (Drabynko) von der bisher einzigen kanonischen, dem Moskauer Patriarchat unterstehenden Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK–MP) auf Facebook veröffentlicht hat, wird zudem Bezug auf einen Brief vom 12. Oktober an das Oberhaupt der UOK–MP, Metropolit Onufrij (Berezovskij), Bezug genommen. Darin hatte der Ökumenische Patriarch diesem erklärt, dass er sich nach der Wahl des Oberhaupts der neuen Kirche aus „ekklesiologischer und kirchenrechtlicher Sicht“ nicht mehr „Metropolit von Kiew“ werde nennen dürfen. Er trage den Titel schon jetzt „in Verletzung der offiziellen Texte von 1686“. Das Ökumenische Patriarchat hatte am 11. Oktober das Abkommen von 1686 widerrufen, das die Metropolie von Kiew unter die Obhut des Moskauer Patriarchats gestellt hatte. Er habe aber selbstverständlich das Recht, für das Amt des Oberhaupts der neuen Kirche zu kandidieren. Außerdem rief Bartholomaios den Metropoliten auf, mit seinen Bischöfen am Vereinigungskonzil teilzunehmen.

Die große Mehrheit der Bischöfe der UOK–MP steht jedoch der Teilnahme am Konzil ablehnend gegenüber. Ihr Hl. Synod verabschiedete am 7. Dezember einen Beschluss, in dem er die andauernde staatliche Einmischung in kirchliche Angelegenheiten anprangert. Die UOK–MP erkenne die Entscheidungen des Ökumenischen Patriarchats vom 11. Oktober nicht an. Zudem habe dieses „kein kanonisches Recht, irgendwelche Versammlungen in der Ukraine einzuberufen und die ukrainisch-orthodoxen Bischöfe dazu einzuladen“, betonten die Bischöfe. Sie betrachten das Konzil als „illegale Versammlung“, an der teilzunehmen ihren Bischöfen, Geistlichen, Mönchen und Laien nicht erlaubt sei. Niemand sei beauftragt, die UOK–MP an der Versammlung zu repräsentieren. Zudem kritisierte der Hl. Synod, dass vom Staat Druck auf Bischöfe, Geistliche und Gläubige ausgeübt werde. Vor dem Hintergrund rechtlicher Schritte gegen Vertreter der UOK–MP beauftragte der Hl. Synod Metropolit Onufrij, die orthodoxen Lokalkirchen, den Menschenrechtsbeauftragten des ukrainischen Parlaments, internationale Menschenrechtsorganisationen sowie diplomatische Vertretungen zu informieren.

Präsident Poroschenko hat Anfang Dezember zwei Metropoliten der UOK-MP, die der Idee einer autokephalen Ukrainischen Orthodoxen Kirche offen gegenüberstehen, mit einem der höchsten ukrainischen Orden ausgezeichnet. Sie wurden für ihren Beitrag zur „sozio-ökonomischen, technischen, kulturellen und Bildungsentwicklung der Ukraine“ ausgezeichnet.

Am 6. Dezember hat der Hl. Synod der bisher als schismatisch geltenden Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat getagt. Er kritisierte das Stimmrecht für Priester, Mönche und Laien am geplanten Vereinigungskonzil. Zudem wiederholte er seine Forderung, die neue Kirche müsse den Rang eines Patriarchats haben. Allerdings zeigte er sich bereit, diesen Anspruch „zeitweise“ zurückzustellen, will aber intern weiterhin die Bezeichnung ‚Patriarchat‘benutzen.

Am 15. Dezember soll in Kiew auch ein gemeinsames Gebet für die Autokephalie stattfinden. Dazu aufgerufen haben der ukrainische Schriftsteller und Diplomat Yuriy Scherbak, der Dichter Dmytro Pavlytschko, der Journalist Jurij Doroschenko und der Menschenrechtsaktivist Bohdan Horyn. Sie bezeichnen die Zuerkennung der Autokephalie als „Tag des historischen Triumphs der Ukraine“. Zum Gebet rief auch das Oberhaupt der der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, Großerzbischof Svjatoslav (Schevtschuk) die Gläubigen auf. Seine Kirche mische sich nicht in die inneren Angelegenheiten der orthodoxen Gemeinschaft ein, aber es sei ihr nicht gleichgültig, „wie unsere Brüder leben“. Deshalb wolle man für sie und für ihre Einheit beten. (NÖK)

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