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Armenien: Weitere Geistliche und Bischof verhaftet

23. Oktober 2025

Bischof Mkrtich Proschjan, das Oberhaupt der Diözese Aragatsotn, ist am 15. Oktober verhaftet worden. Der Cousin des Katholikos der Armenischen Apostolischen Kirche wurde laut kirchlichen Angaben bei Razzien in der Residenz der Diözese und den Häusern des Bischofs, von Geistlichen und Angestellten der Diözese verhaftet. Neben dem Bischof wurden zwölf weitere Geistliche verhaftet. Das Innenministerium bestätigte die Verhaftungen, veröffentlichte aber keine offiziellen Anschuldigungen.

Die Durchsuchungen wurden von einem Bericht der NGO Union der informierten Bürger ausgelöst, den diese am 17. September bei der Staatsanwaltschaft eingereicht hatte. In ihrem Bericht verwies die NGO auf Aussagen von Priester Aram Asatrjan, dem Abt des Klosters Hovhanavank in der Region Aragatsotn, tags zuvor im Fernsehen, dass es 2021 in der Armenischen Apostolischen Kirche Druck gegeben habe, an Wahlkampveranstaltungen bestimmter politischer Kräfte teilzunehmen. Menschen zu zwingen oder zu bezahlen, um an Demonstrationen teilzunehmen, sei ein Verbrechen, das vom Staat geahndet werden müsse, erklärte die NGO.

Die Kirche bezeichnete in einem Statement die Vorwürfe von Priester Aram als falsch. Die „illegale strafrechtliche Verfolgung“ von Geistlichen und Angestellten der Diözese Aragatsotn sei eine weitere „Manifestation einer organisierten und systematischen Anti-Kirchen-Kampagne“ der Behörden. Diese zielten darauf, das normale Funktionieren der Kirche zu lähmen, zudem würde so die Autorität der Kirche untergraben und eine Atmosphäre der Angst und Anspannung unter den Geistlichen, Gläubigen und der breiteren Öffentlichkeit verbreitet. Weiter warf die Kirche dem Staat eine Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit, das Beleidigen der Gefühle von Gläubigen und das Säen von Hass und Feindseligkeit vor.

Am 3. Oktober hatte ein Gericht Erzbischof Mikael Ajapahjan, das Oberhaupt der Diözese Schirak, zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er öffentlich zur Machtübernahme und zum Sturz der Regierung aufgerufen habe. Die Kirche bezeichnete das Verfahren als politisch motiviert und das Urteil als „ungeheuerliche“ Verletzung der Meinungs- und Religionsfreiheit. Die Hausdurchsuchungen und Verhaftungen sind Teil eines eskalierenden Konflikts zwischen der Kirche und der Regierung in Armenien. Die Kirche kritisiert die Regierung vehement für ihren Umgang mit der Eroberung Berg-Karabachs durch Aserbaidschan und Vertreibung der dortigen armenischen Bevölkerung sowie für ihr Vorgehen gegenüber Aserbaidschan. Die Regierung und insbesondere Ministerpräsident Nikol Paschinjan wirft der Kirche Einmischung in die Politik und Nähe zur Opposition vor.

Im Sommer 2024 hatte zudem Erzbischof Bagrat Galstanjan die Bewegung „Heiliger Kampf“ gegen die Regierung angeführt, die zur größten Protestbewegung in Armenien seit der Samtenen Revolution anwuchs, dann aber wieder versandete. Galstanjan war im Juni 2025, kurz vor Erzbischof Ajapahjan, verhaftet worden. (NÖK)

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Relief an der Kathedrale von Etschmiadsin

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