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Belarus: Geistlicher unterstützt verhafteten Blogger in seinem Hungerstreik

28. Januar 2021

In Minsk ist der orthodoxe Geistliche Uladzislav Bagamolnikav aus Solidarität mit Igar Losik in einen Hungerstreik getreten. Der inhaftierte Losik betreibt den Telegram-Kanal „Belarus des Gehirns“ und befindet sich seit dem 15. Dezember im Hungerstreik. Damit will er gegen seine politische Haft protestieren, die schon mehr als ein halbes Jahr dauert und während der er seine Familie bisher nicht sehen durfte.

In einem Brief an die Redaktion des belarusischen Newsportals tut.by erklärt Bagamolnikav, er beabsichtige, solange zu hungern, wie auch Losik mit seinem Hungerstreik weitermache. Falls dieser stirbt, will Bagamolnikav ebenso viele Tage im Hungerstreik bleiben wie er. Allerdings hofft er, dass Losiks Haft in Hausarrest umgewandelt wird oder er aufhört zu hungern, da es nun nicht mehr nur um seine eigene Gesundheit geht. Bagamolnikav glaubt, Losik mache einen Fehler: „Seine Geste könnte gewürdigt werden, aber nicht von der Regierung unseres Landes.“ Dennoch glaubt Bagamolnikav, dass jeder Mensch sich ändern könne und die Beamten, von denen Losiks Schicksal abhänge, Verantwortung übernehmen könnten. In einem Brief informierte er Losik über sein Vorhaben, versuchte aber nicht, ihm den Hungerstreik auszureden. Allerdings verweist er auf die Verantwortung, die ein Mensch seinem Kind gegenüber trägt. Losik hat eine zweijährige Tochter.

Offenbar hat sich Losiks Zustand im Januar verschlechtert. Nach seiner Verhaftung am 25. Juni wurde ihm die Organisation oder Beteiligung an Handlungen vorgeworfen, die die öffentliche Ordnung grob stören. Am 15. Dezember wurde bekannt, dass er zudem der Vorbereitung eines Verbrechens und der Teilnahme an Massenunruhen beschuldigt wird, und deshalb die Haft verlängert wird. Seine Klage gegen die Verlängerung der Haft wurde abgelehnt.

Außer Bagamolnikav haben sich am 20. Januar auch zwei Studentinnen dem Hungerstreik von Igar Losik angeschlossen. Margaryta Trafimovitsch und Eleanora Arzumanjan, die an der medizinischen Fakultät studieren, wollen damit ein Zeichen der Solidarität mit dem Blogger setzen. Zugleich hoffen sie, ihn so davon zu überzeugen, seinen Hungerstreik zu beenden. Am 25. Januar hat Losik seinen Hungerstreik beendet. Dies sei aus freiem Willen geschehen, erklärt er in einem offenen Brief. Er sei von der „Welle der Solidarität“ überwältigt, tausende Belarus*innen hätten ihn gebeten aufzuhören und „unseren Sieg bei guter Gesundheit zu erwarten“. (NÖK)

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