Ukraine: Reaktionen orthodoxer Lokalkirchen auf den Krieg in der Ukraine
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch in der orthodoxen Welt Entsetzen ausgelöst. Zahlreiche Oberhäupter riefen zu einem Ende der Kampfhandlungen auf. Unterschiede zeigen sich allerdings bei der Benennung der Verantwortlichkeit für den Krieg: Während das Oberhaupt der Rumänischen Orthodoxen Kirche, Patriarch Daniel, den Krieg als „einen von Russland gestarteten Krieg gegen einen souveränen und unabhängigen Staat“ verurteilte, sprach Patriach Neofit von der Bulgarischen Orthodoxen Kirche (BOK) von „Militäraktionen zweier Brudervölker“. Das Oberhaupt der BOK appellierte an „alle, von denen es abhängt, das Blutvergießen zu stoppen und die Zwistigkeiten zu begraben, das grundlegende Menschenrecht auf Leben und Freiheit zu respektieren.“
Der Ökumenische Patriarch Bartholomais hatte bereits am ersten Kriegstag mit Metropolit Epifanij (Dumenko), dem Oberhaupt der Orthodoxen Kirche der Ukraine, telefoniert und „den grundlosen Angriff“ auf die Ukraine verurteilt. Erzbischof Hieronymos (Liapis) von Athen, das Oberhaupt der Griechischen Orthodoxen Kirche, zeigte sich „schockiert“ über den Kriegsausbruch und versicherte den ukrainischen Brüdern seine Gedanken und Gebete. „Als Person und als Geistlicher war ich schockiert über die Videoaufnahme eines kleinen Kindes, das mit Tränen in den Augen sagt, dass es nicht sterben will und möchte, dass dieser Krieg so schnell wie möglich endet, aber auch über die Aufnahme eines Vaters, der sich mit Tränen in den Augen von seiner Tochter und Frau verabschiedet, die auf der Suche nach einem sicheren Zufluchtsort fliehen“, so der Athener Erzbischof.
Patriarch Ilia II., Oberhaupt der Georgischen Orthodoxen Kirche (GOK), erklärte am 24. Februar „aufgrund von Georgiens bitterer Erfahrung: Wir wissen, wie wichtig die territoriale Integrität eines Landes ist.“ Daher verfolge die Kirche „mit Kummer“ die angespannte Situation in der Ukraine. In einer Twitterbotschaft rief Ilia II. einen Tag später zu einem schnellstmöglichen Ende der Feindseligkeiten auf, andernfalls würden sie sich zu einer „weltweiten Tragödie“ entwickeln. Die Jugendbewegung der GOK kündigte zudem die Bereitstellung von humanitärer Hilfe „für die ukrainischen Brüder“ an.
Der Hl. Synod der Orthodoxen Kirche der Tschechischen Länder und der Slowakei erklärte am 26. Februar, dass er die Ereignisse in der Ukraine mit „Schmerz und Trauer“ verfolge, und drückte allen seine Anteilnahme aus, die direkt oder indirekt von den Militäroperationen betroffen seien. „Wir hoffen, dass die historischen und spirituellen Bande zwischen der Ukraine und Russland den Parteien helfen, den Konflikt zu lösen, nicht durch Gewalt, Zerstörung und sinnlosem Verlust von Leben, sondern im Gegenteil durch das Suchen von Frieden und Verhandlungsbereitschaft“, so der Hl. Synod. Das Oberhaupt der Orthodox Church in America, Metropolit Tikhon (Mollard), rief Präsident Putin auf, die Militäroperationen sofort zu beenden. Er bot dem Oberhaupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, Metropolit Onufrij (Berezovskij), seine Unterstützung an und versicherte auch allen anderen religiösen Oberhäuptern in der Ukraine seine Gebete.
Auf der offiziellen Website der Serbischen Orthodoxen Kirche war lediglich zu erfahren, dass der serbische Präsident Aleksandar Vučić Patriarch Porfirje über den Kurs der serbischen Regierung hinsichtlich der Situation in der Ukraine informiert habe. Jeder Krieg sei eine Tragödie und es ist „eine schmerzhafte Tatsache, dass zwei Bruderstaaten und zwei ganz enge Brudervölker desselben Glaubens, deren Geschichte und Kultur unauflöslich verflochten sind, in Konflikt geraten sind.“ Die SOK bete zu Gott, den Waffengebrauch schnellstmöglich zu beenden und einen Dialog als Ausweg aus der Krise zu beginnen. Die serbische Regierung, die in den vergangenen Jahren sowohl gute Beziehungen zur EU und zu Russland zu pflegen versucht hat, übt sich angesichts des Kriegs in der Ukraine in einem Spagat: Auf der einen Seite bekannte sich Präsident Vučić zur territorialen Integrität der Ukraine, vermied es aber von einem russischen Angriff oder Invasion zu sprechen. Zudem kündigte er an, dass sich Serbien nicht an den Sanktionen der EU gegen Moskau beteiligen werde. (NÖK)
Sergei Chapnin vergleicht die Reaktionen von Patriarch Kirill und Metropolit Onufrij auf den Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Es sei klar, dass der Patriarch seine Herde - weder das Volk in der Ukraine noch in Russland - gegen Putins aggressives Regime verteidigen könne.
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