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Estland: Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats ändert ihr Statut

29. August 2024

Die Kirchenversammlung der Estnischen Orthodoxen Kirche – Moskauer Patriarchat (EOK–MP) hat eine neue Fassung des Kirchenstatuts angenommen, womit die Selbstständigkeit der EOK–MP in kirchlich-administrativen, kirchenwirtschaftlichen, kirchlich-erzieherischen und kirchlich-bürgerlichen Angelegenheiten gestärkt werden soll. An der zweiten Sitzung der Kirchenversammlung am 20. August in Tallinn wurde zudem der Name der Kirche in „Estnische Orthodoxe Kirche“ geändert. Unter dieser Bezeichnung hatte ihr auch Patriarch Alexij II. 1992/93 den Status einer autonomen Kirche zugestanden.

Die Kirchenversammlung, zu der alle Geistlichen und ein Laienvertreter aus jeder Gemeinde gehören, hieß die Arbeit des Hl. Synods im Verhandlungsprozess mit dem Staat gut. Sie zeigte sich überzeugt, dass die Orthodoxen in Estland Wege und Mittel finden würden, das „Schisma auf der Grundlage von Kanonizität, gegenseitigem Respekt und Gleichberechtigung“ zu heilen. Weiter entschied die Versammlung, ihre Tätigkeit beim Lösen von Krisen fortzusetzen, und beauftragte den Hl. Synod, den Zeitpunkt ihrer nächsten Sitzung zu gegebener Zeit festzulegen. Abschließend wies die Kirchenversammlung auf den 33. Jahrestag der Unabhängigkeit Estlands am 20. August hin und erklärte, für das Wohlergehen Estlands als souveränem Staat, die Bewahrung seiner Kultur, Traditionen und Freiheit zu beten.

Die EOK–MP ist eine autonome Kirche innerhalb der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK). Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist sie zunehmend unter staatlichen Druck gekommen, so wurden ihre Bischöfe mehrfach ins Innenministerium zitiert, um ihre Haltung zum Krieg darzulegen. Die Regierung fordert von der EOK–MP, sich vollständig von der ROK zu lösen und die Aussagen des russischen Patriarchen Kirill, der den Krieg unterstützt, als Häresie einzustufen. Aufgrund des Misstrauens gegen die EOK–MP wurde auch die Aufenthaltserlaubnis ihres Oberhaupts, Metropolit Evgenij (Reschetnikov), nicht verlängert. Er leitet die Kirche nun von Russland aus.

Im Mai hatte die EOK–MP angekündigt, Änderungen ihres Statuts vorzubereiten. Ende Juli einigten sich Vertreter der Kirche und des Innenministeriums auf weitere Schritte zur Verminderung und Aufhebung des Einflusses des Moskauer Patriarchats. Zunächst sollte die EOK–MP bis Ende August Änderungen des Statuts vorlegen, mit denen alle Erwähnungen der Verbindung zur ROK entfernt werden sollten. In einem zweiten Schritt sollte es Konsultationen mit der Estnischen Apostolischen Orthodoxen Kirche (EAOK), die zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel gehört, geben, um Wege zur Vereinigung aller estnischen Orthodoxen in einer Kirche zu finden. Die Mitteilung über eine Vereinigung der beiden Kirchen wurde jedoch kurz darauf von der Website der EOK–MP entfernt, auf der Website des estnischen Innenministeriums ist sie noch vorhanden.

Kurz darauf erklärte Bischof Daniil (Lepisk) von Tartu, der Vikarbischof von Tallinn ist, in einem Interview, dass sich weder die Geistlichen noch die Gläubigen der EOK–MP mit der EAOK vereinigen wollten. Die Autokephalie bezeichnete er als „theoretisch möglich“, in der Praxis aber wäre der Prozess äußerst langwierig. Für Veränderungen am Statut zeigte er sich hingegen offen. Er betonte zum wiederholten Mal, dass die Verbindungen der EOK–MP zur ROK rein „kanonischer, kirchlicher“ Art seien, eine direkte Unterordnung bestehe nicht.

Der estnische Innenminister Lauri Läänemets ist allerdings nicht zufrieden. Von den Anpassungen des Statuts werde klar erwartet, dass es nicht „kosmetische administrative Änderungen“ seien, sondern „ernste Schritte“ aus dem Einfluss des Moskauer Patriarchats heraus. Aber sogar eine solche Entscheidung müsse vom russischen Patriarchen Kirill bestätigt werden. Zudem kritisierte Läänemets, dass Metropolit Evgenij weiterhin als Oberhaupt der EOK–MP fungiere, obwohl seine Aufenthaltsbewilligung aus Sicherheitsgründen nicht verlängert worden war. Außerdem sei der neue Name der Kirche „problematisch“, deshalb werde er kaum akzeptiert werden. Er sei zu wenig klar und wäre nur zulässig, wenn alle estnischen Orthodoxen in der Kirche vereint wären. Metropolit Stefanos (Charalambides), das Oberhaupt der EAOK, widersprach der Namensänderung der EOK–MP ebenfalls, da „Estnische Orthodoxe Kirche“ der Name seiner Kirche sei, den sie in anderen Sprachen auch verwende. Bischof Daniil erklärte jedoch, für die Kirche gebe es keinen Anlass für die Wahl eines neuen Oberhaupts. Metropolit Evgenij habe gegenüber der Kirche keinen Fehler gemacht, er habe keine kirchlichen Verbrechen begangen, wegen derer er nicht mehr als ihr Oberhaupt angesehen werden könne. (NÖK)