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Estland: Orthodoxe Kirche wegen Patriarch Kirills Äußerungen unter Druck

26. September 2024

Die Estnische Orthodoxe Kirche – Moskauer Patriarchat (EOK–MP) steht weiterhin unter Druck. Aktuell fordert das estnische Innenministerium, dass sich die EOK–MP von den Aussagen des russischen Patriarchen Kirill über die Hl. Rus distanziert. In seiner Predigt beim Fest der Entschlafung der Hl. Gottesgebärerin am 28. August hatte dieser erklärt, die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) kenne keine Grenzen im postsowjetischen Raum, weil sie die Kirche der gesamten Rus sei, und deshalb seien Kyjiw, Minsk und andere Hauptstädte der ehemaligen sowjetischen Republiken wichtige geistliche Zentren der Hl. Rus.

Diese Aussagen lösten beim estnischen Innenministerium „tiefe Besorgnis“ aus, es bezeichnete sie als „imperialistisch“. Solche Aussagen würden als „Verbreitung von Extremismus“ und Bedrohung der inneren Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit Estlands betrachtet, erklärte Tarmo Miilits, der Kanzler des Innenministeriums. Tallinn sei keinesfalls ein spirituelles Zentrum der Hl. Rus, betonte er weiter. Das Innenministerium fordere von der EOK–MP, die eine autonome Kirche innerhalb der ROK ist, eine „klare, eindeutige Position und Bewertung“ der Aussagen von Patriarch Kirill. Die EOK–MP erklärte auf Anfrage von Medien, eine schriftliche Antwort vorzubereiten und bis dahin keinen öffentlichen Kommentar abgeben zu wollen.

Um dem anhaltenden Druck der Behörden zu begegnen, hat die EOK–MP im August 2024 ihr Statut geändert. Damit sollte ihre Selbstständigkeit in verschiedenen Bereichen gestärkt werden, zudem änderte sie ihren Namen zu „Estnische Orthodoxe Kirche“. Zwar ist die Analyse des neuen Statuts durch das Innenministerium noch nicht abgeschlossen, aber Tarmo Miilits verkündete, es sei bereits klar, dass die Erwartungen des Staats nicht erfüllt worden seien. Denn der Staat fordere nach wie vor eine vollständige Loslösung von der ROK.

Anfang September haben die EOK–MP und das Frauenkloster Pühtitsa in Kuremäe, das direkt Patriarch Kirill unterstellt ist, je eine Beschwerde bei einem Verwaltungsgericht in Tallinn eingereicht, um gegen die Einstufung des Moskauer Patriarchats als Unterstützer des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vorzugehen. Am 6. Mai hatte das estnische Parlament, der Riigikogu, eine entsprechende Erklärung verabschiedet. Da sie Teil der ROK seien, schließe die Erklärung die EOK–MP und das Kloster mit ein. Daher halten sie es für notwendig, ein Gericht hinzuziehen, um die „Bedrohung und Schädigung des Rufs und guten Namens friedlicher religiöser Organisationen, die in unserem Land registriert sind und in Einklang mit den Gesetzen unseres Landes agieren“, zu beurteilen.

Die Estnische Apostolische Orthodoxe Kirche (EAOK), die dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel untersteht, möchte der EOK–MP helfen, sich von der ROK zu lösen. In diesem Sinn schlägt sie ihr als ersten Schritt den Status eines selbstverwalteten Vikariats der Gemeinden russischer Tradition innerhalb der EAOK vor. Das würde ihr erlauben, eine selbstständige Kirchenstruktur zu bleiben, sie könnte weiter ihrer kirchlichen Praxis folgen, ihre Sprache und ihren Kalender benutzen sowie finanziell völlig unabhängig sein, heißt es aus der EAOK. Die Bischöfe des Vikariats würden bei der Liturgie den Metropoliten der EAOK kommemorieren, die Priester und Diakone ihren Ortsbischof. Wenn nötig, würde sich die EAOK an den Rat der Kirchen Estlands wenden, um um die Bewahrung beider orthodoxen Kirchen unter ihrer Ägide zu bitten. Der Rat der Kirchen erinnerte daran, dass die orthodoxe Kirche in Estland bis 1940 einig gewesen sei, erst mit der sowjetischen Okkupation sei sie gewaltsam und entgegen den Kanones dem Moskauer Patriarchat unterstellt worden. (NÖK)

Orthodoxer Metropolit muss Estland wegen unklarer Aussagen zum russischen Angriffskrieg verlassen
Interview rohtmets metropolit evgenij

Die Aufenthaltsbewilligung von Metropolit Evgenij (Reschetnikov), dem Oberhaupt der Estnischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, wurde wegen seiner Aussagen zum russischen Krieg gegen die Ukraine nicht verlängert. Priit Rohtmets schildert die Hintergründe und Reaktionen.