Estland: Orthodoxe Kirche kritisiert Gesetzesvorschlag
Die Estnische Orthodoxe Kirche, die zum Moskauer Patriarchat gehört (EOK–MP), hat erneut vor einem Gesetzesprojekt gewarnt, von dem sich in ihrer Existenz bedroht sieht. In einem Pressestatement vom 24. Januar beklagte sie, dass sie seit mehr als einem Jahr vor bedeutenden Herausforderungen stehe. Sie müsse ihre Dokumente erneuern, und es sei die „Notwendigkeit einer ständigen Bestätigung der Legalität der Arbeit der Kirche aufgetaucht“. Sie habe darauf mehrfach ihr Bekenntnis bekräftigt, in Übereinstimmung mit den Gesetzen Estlands und den kirchlichen Kanones zu operieren. Der von der Regierung am 23. Januar bestätigte Entwurf für eine Anpassung des Religionsgesetzes verletze die Religionsfreiheit und richte sich gezielt gegen die EOK–MP.
Die EOK–MP befürchtet, dass ihre rechtlichen Einheiten gewaltsam liquidiert werden könnten, weil es unmöglich sein werde, die Bedingungen rechtzeitig zu erfüllen. Die Einschränkungen beträfen das kanonische Recht und könnten teils aus Gründen, die nicht in der Macht der EOK–MP lägen, unerfüllbar sein. Eine Kirche zu zwingen, illegal die Verbindung zu ihrem Patriarchat aufzulösen und in ein anderes Patriarchat einzutreten, stelle eine Einmischung in das Innenleben von Religionsgemeinschaften dar, heißt es in der Mitteilung weiter. Zudem habe die Kirche im Januar bereits weitere Schritte unternommen, um auf die Forderungen der Regierung einzugehen. Sie suche „aktiv nach vernünftigen Kompromissen, die die Interessen aller Parteien berücksichtigen, während die fundamentalen Werte der religiösen Organisation bewahrt werden“.
Der Vorschlag, das Religionsgesetz anzupassen, stammt vom estnischen Innenminister Lauri Läänemets. Damit sollen Verbindungen von Religionsgemeinschaften in Estland zu allen ausländischen Organisationen, die beispielsweise eine Bedrohung für die gesellschaftliche oder verfassungsmäßige Ordnung Estlands darstellen, einen kriegerischen Angriff unterstützen oder zu Krieg anstacheln oder zu Terrorismus oder einer anderen Form gewalttätigen Verhaltens aufrufen, verboten werden. Läänemets hatte die Anpassung im Oktober 2024 der Regierung vorgeschlagen, diese hat den Vorschlag am 23. Januar angenommen und an das Parlament weitergegeben.
Im Dezember 2024 reichten Gemeindemitglieder der EOK–MP eine Petition gegen den Gesetzesentwurf ein, die, nachdem sie 1000 Unterschriften gesammelt hatte, an das Parlament weitergeleitet wurde. Inzwischen wurde sie von fast 2400 Personen unterschrieben. Sie fordern, die Begutachtung des Gesetzesprojekts auszusetzen und interessierte Personen und Organisationen in den Bewertungsprozess einzubeziehen. Auch sie werfen den Behörden eine Verletzung der Religionsfreiheit vor. Konkret rufen sie das Parlament auf, das Gesetz an das zuständige Ministerium zurückgehen zu lassen und seine Debatte zu beenden. Zudem sollte eine gesellschaftliche Diskussion des Gesetzesprojekts organisiert werden, was bisher versäumt worden sei. Weiter müsse der Gesetzesentwurf nationalen und internationalen Organisationen, wie dem estnischen Bevollmächtigen für Gleichberechtigung, dem estnischen Kirchenrat, der EOK–MP, der EU und UN, zur Beurteilung vorgelegt werden.
Die EOK–MP hat bereits am 10. Januar an der dritten Sitzung ihres Rats, an dem alle Geistlichen und Laien aus allen Gemeinden beteiligt sind, Schritte beschlossen, um auf staatliche Kritik zu reagieren. In erster Linie ging es um Mängel am überarbeiteten Statut der EOK–MP, das der Rat an seiner Sitzung am 20. August 2024 angenommen hatte, auf die die Abteilung für Registrierungen des Kreisgerichts Tartu hingewiesen hatte. Das Gericht wies insbesondere die Umbenennung von EOK–MP in Estnische Orthodoxe Kirche zurück. Zudem zweifelte es die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse an, da die Sitzung des Rats von Metropolit Evgenij (Reschetnikov) geleitet wurde, dessen Aufenthaltsbewilligung für Estland Anfang 2024 nicht verlängert worden war. Diese Kritik wies der Rat zurück, auf die anderen Punkte wollte er eingehen. Als neuen Namen bestimmte er Estnische Christliche Orthodoxe Kirche. Am 16. Januar wurde das korrigierte Statut und alle nötigen Dokumente dem Gericht übermittelt. (NÖK)
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